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Nachtaktiv. Das Ensemble Kaleidoskop.

© Adam Berry

10 Jahre Ensemble Kaleidoskop: Konventionen brechen zum Kressebrot

Erst letztes Jahr gab es seine Rettung bekannt, nun feierte es seinen zehnjährigen Geburtstag: Das Ensemble Kaleidoskop in Berlin.

Grüne Lidschatten, silberne Kostümierung, strenge Gesichter: Wenn ein freies Ensemble für zeitgenössische Musik Geburtstag feiert, geht es auf Pappkisten, zwischen Liegematten und vorm Kressebutterbrottresen sehr kunstsinnig zu. Dass es überhaupt zehn Jahre schafft, ist nicht alltäglich. Erst im Januar konnte das international besetzte, in Berlin sesshafte Ensemble Kaleidoskop dank vielerlei Unterstützung seine Rettung bekannt geben, und das letzte der vier Jubiläumskonzerte würdigt nun gleich eine ganze Nacht lang den eigenen Überlebenswillen. Dafür ist man in die ehemalige Neuköllner Kindl-Brauerei gezogen, deren Sanierung als Kunstzentrum weit vorangeschritten ist. Das schon länger fertiggestellte Kesselhaus ist ein beeindruckender Raum für Konzerte.

Hier geben die insgesamt 18 Streicher und zwei Dirigenten einen dreigeteilten Konzertabend – zunächst solistisch und ineinanderfließend, später in kleinen Formationen, zum Teil parallel in verschiedenen Räumen, zuletzt im Ensemble elektronisch verfremdet. Ihre Qualität ist schwer messbar, ihr unbedingter Kunstwille dafür nicht zu übersehen. Unter dem Titel „Unmöglichkeit“ stellen sie ernste und ans Eingemachte gehende Fragen nach der Relevanz des gemeinsamen Musizierens und dessen (politischem) Standpunkt. Nur führt der Drang, stetig und unbedingt Konventionen aufbrechen zu wollen, zwangsläufig irgendwann selbst zu Abnutzungserscheinungen. Das thematisieren die Macher immerhin in ihren Programmhefttexten, wenn auch ziemlich verstiegen philosophierend.

Wo führt die Entwicklung der Musik hin?

Zeitgenossen wie Xenakis, Rihm oder Lachenmann sind mit ihren Werken teilweise selbst schon Klassiker ihrer Zeit geworden. Aber auch bei den neueren Kompositionen zeigt sich: Alle immer wieder auf Neuartigkeit geprüften Klangeffekte waren irgendwann seit Schönberg schon mal da. Es ist auch wenig tröstlich, dass sie nur auf Streichinstrumenten erprobt sind, was gleichwohl den Horizont unnötig einengt. Und vor allem sind viele Ideen schnell verstanden und dauern in der Ausführung dann doch länger.

Kurzum – die bange Frage schwebt im Raum: Wo führt sie denn nun hin, die Entwicklung der Musik? Ist sie tot, wie Helmut Lachenmann sagt, der ihre gesellschaftliche Funktion in den Mittelpunkt und jede Sinnlichkeit unter den Generalverdacht der „Hörigkeit“ stellt? Bei all den guten, letztlich aber sekundären Gedanken wird der grundsätzliche gar nicht erst thematisiert: ob Musik überhaupt wirken soll oder nur noch rational fortgetrieben wird. Damit ist ja nichts weniger berührt als die Frage, was Musik eigentlich nützt. Zum Selbstzweck ist es nur ein kleiner Schritt.

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