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Immer gerne dabei. Peter Raue (rechts), hier mit Christoph Marti bei der Premiere von "Cabaret", ist Stammgast in der Bar.

© Eventpress/Mathias Krohn

25 Jahre Bar jeder Vernunft: Es lebe der Blödsinn

Die Bar jeder Vernunft ist ein Tempel der leichten Muse – hier walten Witz und Wahnsinn.

25 Jahre Bar Jeder Vernunft, – seit 25 Jahren ungebrochene Liebe! Wie jeder „amour fou“: bar jeder Vernunft. Das Große, das gesellschaftlich Relevante, das Tiefe wird in der Bar im schönen Jugendstilspiegelzelt nicht abgehandelt. Dieses und das zehn Jahre jüngere Tipi sind Heimat für eine gar nicht zu beschreibende Vielfalt auf dem großen Feld der sogenannten „Leichten Muse“. Immer auf einem Niveau, wie wir es wohl kaum andernorts finden.

Meine „Liebe auf den ersten Blick“ konnte ich immer wieder leben und dies wurde mir erleichtert, weil ich mein Anwaltsbüro die ersten Jahre des Bar-Betriebes nur 100 Meter vom Zelt entfernt hatte. Bis 20 Uhr arbeiten und dann …. „irgendwie werde ich schon reinkommen“ … Besuch in der Bar Jeder Vernunft. Auf eine sehr leise Art hat die Bar mein Leben geändert, verändert, mir den Zugang zu der großen Kleinkunst, die dort bunt über die Bühne rauscht, geschenkt.

Alles begann mit dem „Weißen Rössl am Wolfgangsee“. Immer wieder diese Meisterstücke in der Perlenkette wunderbarer Abende zu erwähnen, wenn nostalgisch auf das vergangene Vierteljahrhundert zurück geblickt wird, ist ein bisschen ungerecht, wenn man bedenkt, wie viele andere herrliche Produktionen wir in der Bar und im Tipi erleben durften. („Drei alte Schachteln“ mit den unvergessenen nicht mehr lebenden Damen Brigitte Mira, Helen Vita und Evelyn Künneke, „Cabaret“; „Zwei auf einer Bank“ umwerfend Katharina Thalbach und Andreja („Fräulein Schneider“), die Abende mit den herrlichen Weibern Maren Kroymann, Georgette Dee, Gayle Tufts, Meret Becker; den Barden Klaus Hoffmann, Dominique Horwitz, Burkhard Klaußner, die Konzertreisen mit Carrington-Brown; der hinreißende Abend „Servus – Oh là là Mireille“, immer noch und immer wieder auf dem Programm).

Meine Tochter hat sich in den "Piccolo" verliebt

Doch: Die Basis meiner Liebe ist das „Weiße Rössl“. Meine Tochter hat sich in den „Piccolo“ verliebt; wir haben zu Hause gesungen „Lasst uns Abschied nehmen mit lächelndem Gesicht“. Bei ersten Regentropfen im Urlaub sangen wir „… und dann regnet es sich ein“. Heute noch habe ich im Ohr, wie Otto Sander mit der Bimmelbahn gen Himmel fährt, Walter Schmidinger als Kaiser Franz „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ säuselt, Ursli als Sigismund zu recht fragt, was er dafür kann, dass er so schön ist, Max Raabe mit dem Holländer-Fahrrad über die Bühne fährt und vom verlorenen Herzen singt, das er im „Weißen Rössl“ gelassen hat.

Das alles kann aus dem Gedächtnis gar nicht mehr verschwinden. Als ich mit einem Freund aus Düsseldorf eine ganze Aufführung gebucht hatte, war Camilla Spira unter den Gästen. Sie war die umjubelte Rössl-Wirtin in der Uraufführung im Jahre 1930 im Schauspielhaus in Berlin: blond, schön, witzig, begabt, – aber sie war Jüdin und musste alsbald Aufführung und Land verlassen. 60 Jahre später sitzt die unvergessene Schauspielerin und Freundin im Publikum, sieht und hört „Fräulein Schneider“ in „ihrer“ Rolle der Rössl-Wirtin zu. Herzbewegend!

Man muss das Leichte schwer, das Heitere ernst nehmen

Das „Weiße Rössl“ aus dem Jahre 1994 schlägt unmittelbar die Brücke zur jüngsten Operette „Frau Luna“ im Tipi. Wieder sind die Geschwister Pfister dabei und wieder kann man das Dogma beider Häuser erkennen: „den höchsten Blödsinn ganz ernst nehmen!“. Das scheint mir Erfolgsrezept von „Bar“ und Tipi: dass deren Regisseure und Musiker, Schauspieler und Sänger wissen: Man muss das Leichte schwer, das Heitere ernst nehmen. Das erreicht man nur mit hoher Könnerschaft und sehr viel Arbeit! Denn auch dies ist das Geheimnis des Erfolges dieser beiden Häuser: Sich nicht lustig machen über das, was da über die Bühne geht, sondern Zutrauen zu haben zu Stoff, Text, Melodie.

Immer wieder sind es die Geschwister Pfister, die in den vergangenen 25 Jahren für Höhepunkte in ihrer großen Fangemeinde gesorgt haben. Viele der Künstlerinnen und Künstler, die dort spielen, singen, musizieren, sind über die Jahre Freunde geworden, bewunderte Freunde, die ich immer und immer wieder treffen, hören, bejubeln will und kann. Über allem hält seine Hand der Chef beider Bars: Holger Klotzbach, öffentlichkeitsscheu, leise, im Hintergrund, dies seit Beginn gemeinsam mit dem „Außenminister der Zelte“, Lutz Deisinger.

Witz und Wahnsinn, Perfektion auch in der Parodie; Max Raabe und Christoph Israel, Johannes Roloff und sein Team! Die Bar jeder Vernunft: Heimat heiterer liebenden Herzen. Ein Geschenk. Auf viele weitere Jahre!

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