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Kultur: Abgestürzt

Erst rieselt nur etwas Beton. Dann bricht krachend eine Toilette durch die Decke und versprüht ihren Inhalt über den Teenies im Klassenraum.

Erst rieselt nur etwas Beton. Dann bricht krachend eine Toilette durch die Decke und versprüht ihren Inhalt über den Teenies im Klassenraum. Schon in den ersten zehn Minuten holt Regisseur Joel Gallen zum Radikalschlag aus. Mit dem Vorschlaghammer haut er auf das Genre ein, wie mit der Kettensäge wildert er im Revier von "American Pie", schneidet sich das Wichtigste und Witzigste heraus.

Alles beginnt mit einem überdimensionalen Vibrator in Pink und der unvermeidlichen Masturbationsszene, entlehnt aus "American Pie". Janey Briggs, Prototyp des hässlichen Entleins und Eins-Zu-Eins-Kopie der Laney Boggs aus "Eine wie keine", vergnügt sich vor eben diesem Film und stöhnt Hauptdarsteller Freddie Prinze jr. an. Unweigerlichlich werden Vibrator und Janey in ihrer trauten Zweisamkeit gestört - und dass nicht nur von Vater, Bruder und Großeltern. In "Nicht noch ein Teenie-Film" rückt gleich noch der Pfarrer an, der Vibrator landet in Janeys Geburtstagstorte, diese im Gesicht sämtlicher Beteiligter. Doch damit nicht genug. Es folgen: ein nacktes weibliches Hinterteil, flachgedrückt an einer Fensterscheibe, der Busen einer nackten Austauschschülerin, ein über 100 Kilo schwerer Football-Spieler - auch er, wie Gott ihn schuf. Dinge, die man so nicht sehen möchte. Doch damit ist der Amoklauf gegen die rosa Zuckerwatte-Welt des Teenie-Films längst nicht zu Ende. Das perfekt gestylte good girl setzt er mit Durchfall aufs Klo. Dann rieselt - siehe oben - der Beton.

Immerhin: Bei der explodierenden Kloschüssel, Tiefpunkt des Fäkalhumors, bleibt es nicht ganz. Langsam arbeitet sich der Film auf ein - für Kinogänger jenseits der pubertären Vierzehn - einigermaßen erträgliches Niveau hinauf. Man schmunzelt über die Idee, die Highschool nach John Hughes, dem Vater der Teenie-Filme der 80er Jahre, zu benennen. Man lächelt ob des Wiedersehens mit Ricky Fitts, dem Exzentriker mit Mini-Kamera aus "American Beauty". Weiterer Höhepunkt: eine Grease-Persiflage vor dem Abschlussball. Doch dann der Absturz: Catherine Wyler, "das gemeinste Mädchen der Schule", beklagt sich beim schüchternen Ox, dass keiner ihrer Bettgenossen ein Häufchen auf ihren Bauch machen möchte.

Durch Überzeichnungen wie diese demontiert Gallen seine Demontage. Und das ist schade, denn stellenweise ist "Nicht noch ein Teenie-Film" eine gelungene Persiflage, die das Stereotype, ewig Reproduzierbare dieses Genres entlarvt. Der Gastauftritt von Molly Ringwald, Teenie-Film-Ikone der Achtziger, zeigt zumindest, dass Regisseur Joel Gallen sich auch Gedanken gemacht hat. Doch spätestens mit dem kitschigen Ende spricht der Film sich selbst das Todesurteil. Doch nur noch ein Teenie Film.

Judith Kessler

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