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Bei den Proben: Die Accademia Bizantina.

© Giulia Papetti

Accademia Bizantina spielt „Belshazzar": Krieg mit Pauken und Trompeten

Himmlische Längen und ausdrucksstarke Klänge: Die Accademia Bizantina spielt Georg Friedrich Händels „Belshazzar“. Ein Höhepunkt der Saison.

In Koloraturen der Freude triumphiert ein Chorsatz der Perser, weil die Wasser des Euphrat weichen und für sie der Weg in die Königsstadt offen liegt. Nun heißt es kämpfen gegen die Babylonier und ihren frevelnden König Belshazzar. Der junge Perserfürst Cyrus führt das Heer. Das bedeutet in der Musik Krieg mit Pauken und Trompeten.

Die Aufführung des Oratoriums „Belshazzar“ von Georg Friedrich Händel durch die wunderbare Accademia Bizantina offenbart in jedem Takt die Bildkraft der Partitur. Babylonier, Perser und Juden stehen einander gegenüber in diesem weltgeschichtlichen Katastrophenstück über den Untergang des babylonischen Reiches, das mit dem Sieg des Guten endet: „Du, o Jerusalem, sollst neu erstehen“, sagt der Perser Cyrus nach einem innigen Duett mit Nitocris, der Mutter des Belshazzar. Neu errichten will er den zerstörten Tempel in Jerusalem. Was für eine politische Großzügigkeit!

Koloratur ist überall Ausdruck, auch wenn der betrunkene Titelheld in seinem Palast den Kelch hebt und verhöhnt, der zu den entwendeten Tempelgefäßen der Juden gehört. Thomas Walker singt den bösen Ton mit hinreißendem Elan, ganz Charakter, kein Stimmfetischist. Das gilt auch für die Gestaltung der schmerzensreichen Nitocris, deren Largo die profilierte Händel-Interpretin Rosemary Joshua verinnerlicht, mehr Affekt als Schöngesang, wie er am ehesten Delphine Galou als Prophet Daniel zusteht. Die Bassarie des zu Cyrus übergelaufenen Babyloniers Gobrias, der um seinen ermordeten Sohn weint, ist bei Andreas Wolf ganz Lamento, Kummer, eine Herzenssache. Der Countertenor Valer Sabadus in der Hauptrolle des Cyrus singt seinem Gott zum Lob göttliche Linien und Koloraturen, die süchtig machen können nach mehr.

Die Aufführung bietet einen Reichtum an Nuancen

Himmlische Längen hat der Abend mit über drei Stunden Dauer bis zum erhabenen „Amen“. Dass die Berliner Philharmoniker die Accademia Bizantina, vitale Vertreter historisch orientierter Aufführungspraxis, zu diesem Gastspiel in ihren seit Wochen ausverkauften Kammermusiksaal eingeladen haben, beschert Berlin einen Höhepunkt der Saison und sollte kein Einzelfall bleiben.

Unter der Leitung des italienischen Dirigenten und Cembalisten Ottavio Dantone entfalten die Musiker eine aufgeraute Spaltklang-Präzision, einen Reichtum der Nuancen, eine Delikatesse des Klanges bis in die stockenden Achtel der Violinen in der Menetekel-Szene, die nicht zu überbieten sind. Musik spricht, feinfühlig sublimiert, die Sprache der Leidenschaften. Der Rias-Kammerchor ist in erstaunlich anpassungsfähiger Partnerschaft und stimmlicher Bestform dabei als äußerst flexibles Vielvölker-Ensemble.

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