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Kultur: Ach, selige Siebzigerjahre!

träumt von Schokoladenorgien nach Mitternacht In den seligen Siebzigerjahren gab es in Westberlin eine Kinoromantik, die man sich heute kaum noch vorstellen kann: Das alte Yorck mit der langen geschwungenen Geburtskanalröhre vom Foyer zum großen Kinosaal. Preise, bei denen sich locker Freunde einladen ließen.

träumt von Schokoladenorgien nach Mitternacht In den seligen Siebzigerjahren gab es in Westberlin eine Kinoromantik, die man sich heute kaum noch vorstellen kann: Das alte Yorck mit der langen geschwungenen Geburtskanalröhre vom Foyer zum großen Kinosaal. Preise, bei denen sich locker Freunde einladen ließen. Und die Nachtdreifachprogramme, in denen man voll gedröhnt mit Cola und Schokolade bei Melville und Western dem Morgengrauen entgegenträumte. Irgendwann sind diese Dinosaurier ausgestorben – mit ihrem Publikum, das sesshaft und träge geworden ist, während die heutige Jugend sich im Clubleben austobt.

Nun aber gibt es ein kleines Minirevival in Mitte: Sonntag früh wird im High End 54 im Tacheles nach der Geisterstunde ein Film gezeigt, der zumindest die Ankoppelungsmöglichkeiten zum Dreifachsalto hätte. Denn Terry Gilliams Brazil ist zwar in Alleinregie geboren, von der Substanz her trotzdem ein echter Monty Python. Und nach zweieinhalb Stunden Spielzeit ist es garantiert hell. Nostalgie hin, Nostalgie her: Die Zahl ambitionierter Programme und Werkschauen ist in der Stadt eindeutig gewachsen. Beispiel Peter Sellers: Im Brotfabrik-Kino wird er anlässlich seines 25. Todestags – am 24. Juli 1980 starb der britische Schauspieler an einem Herzanfall – derzeit mit einer Hommage geehrt, die neben Stephen Hopkins‘ aktuellem Biopic The Life and Death of Peter Sellers auch Alexander Mackendricks fernsehgequälten Ealing-Klassiker „Ladykillers“ (1955) auf die Leinwand bringt – unlängst neu aufgelegt von den Coen-Brüdern im Südstaaten-Amerika. Wohl niemand bestreitet, dass das Original um Meilen amüsanter ist.

„Lubitsch Striptease Kino Eine Frau Ist Eine Frau Und Das In Deutsch“ – steht es schön godardsch in Großbuchstaben am Anfang der deutschsprachigen Fassung von Jean-Luc Godards Une femme est une femme . Bizarr ist die schon: Anna Karina spricht mit einem albern lispelnden Akzent. Es fallen Sätze wie „Nein, mein Goldstück“. Doch der Film, der Montag bis Mittwoch im Lichtblick im Rahmen einer Godard-Werkschau zu sehen ist, kann das locker verkraften. Nur ein Jahr nach Außer Atem (Samstag, Sonntag, Mittwoch) veröffentlicht, ist Godards erster Farbfilm nicht nur eine spezielle Liebeserklärung an seine Hauptakteurin, sondern auch eine übermütige Hommage an die Liebeskomödie im Allgemeinen.

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