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Kultur: Affen wollen keinen Zucker

Kai Müller über den späten Ruhm der Sex Pistols

Die Sex Pistols nahmen sich den Rock’n’Roll vor wie eine Voodoo- Puppe. Sie rammten ihm Nadeln rein, schlitzten den Stoff auf, um an das Innenfutter heranzukommen, und bissen ihm den Kopf ab. Und als sie mit ihm fertig waren, nannten sie das zerfledderte Geschöpf: Punk.

Trotz ihres Zerstörungswerks sollen die Sex Pistols nun in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommen werden. Zusammen mit Black Sabbath, Blondie, Lynyrd Skynyrd, Herb Alpert und Miles Davis. Doch die Sex Pistols wollen nicht. „Wir sind nicht eure Affen“, lässt die Band auf ihrer Webseite verbreiten und kündigt an, der Zeremonie am 13. März im New Yorker Waldorf Astoria fern zu bleiben. Die handschriftlich verfasste Mitteilung, die vor Rechtschreibfehlern strotzt, erklärt den Rock’n’Roll-Tempel zum „Piss-Fleck“ wie „Urin in Wein“ und mokiert sich über die gesalzenen Eintrittspreise von bis zu 25 000 Dollar.

Die Sex Pistols waren schon immer die Ungezogensten von allen. Sie zerstörten das Lieblingsspielzeug ihrer Generation, und als sie nach nur einer Platte, einem Film und einem Drogentoten abtraten, fragten sie ihr verdutztes Publikum, ob ihm nie der Gedanke komme, auf den Arm genommen zu werden. „The Great Rock’n’Roll Swindle“ wurde zu einem geflügelten Wort dafür, wie man einer Puppe den Schädel abbeißt, aber so tut, als habe man den Kopf der Queen zwischen den Zähnen.

Leider verstehen die meisten Menschen sehr wenig von Voodoo. Sie denken, wenn die Puppe nicht echt ist, dann ist der Zorn es auch nicht. Susan Evans von der Stiftung „Rock and Roll Hall of Fame“ gehört zu diesen Leuten. Zur Absage der britischen Musiker erklärte sie: „Die benehmen sich wie Punkstars, skandalös. Und genau das ist Rock’n’Roll.“ Die größten Schwindler sitzen nachher in der größten Falle.

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