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Kultur: Afghanistan: Bei Abflug Mord

War der Mord am afghanischen Verkehrs- und Tourismusminister Abdul Rahman eine politisch motivierte Tat oder die Lynchjustiz verärgerter Reisender nach Mekka? Ein Berater aus dem engen Umkreis des afghanischen Interimspräsidenten Hamid Karsai sagte dem Tagesspiegel: "Ich teile die Verschwörungstheorie meines Chefs nicht.

War der Mord am afghanischen Verkehrs- und Tourismusminister Abdul Rahman eine politisch motivierte Tat oder die Lynchjustiz verärgerter Reisender nach Mekka? Ein Berater aus dem engen Umkreis des afghanischen Interimspräsidenten Hamid Karsai sagte dem Tagesspiegel: "Ich teile die Verschwörungstheorie meines Chefs nicht. Hätten sie Abdul Rahman umbringen wollen, dann hätte sie als Tatort nicht den Kabuler Flughafen gewählt und die Tat nicht vor solchen Menschenmengen verübt."

Am Sonntag wiederholte Karsai erneut seine Anschuldigungen in einem Rundfunk-Interview und verlangte die Auslieferung der mutmaßlichen von Saudi-Arabien. Er machte sieben Mitglieder der Nordallianz für den Mord an Rahman verantwortlich. Die Hauptschuldigen seien General Abdullah Jan Tauhidi, der stellvertretende Chef des afghanischen Geheimdienstes, Qalandar Beg, ein Beamter des Verteidigungsministeriums, und Sananwal Halim, ein Beamter des Justizministeriums. Alle drei sollen nach Saudi Arabien geflüchtet sein. Das saudi-arabische Innenministerium gab indes bekannt, dass Personen mit diesen Namen nicht auf den Passagierlisten zu finden gewesen seien.

Einst Vertrauter der Nordallianz

Zum Thema Dokumentation: Kampf gegen Terror Fotos: Osama Bin Laden, Krieg in Afghanistan Die Verschwörungstheorie Karsais basiert vermutlich auf dem politischen Werdegang des getöteten Rahmans. Abdul Rahman, 49, Tadschike, war bis in die späten 90er Jahre ein enger Vertrauter des Nordallianzführers Ahmed Shah Masood, der im September 2001 von der Al Qaida ermordet worden war. Nach der Machtübernahme der Taliban 1996 lebte er im Exil in Indien. Ende 1999 verließ er die Nordallianz wegen Differenzen mit Masood und schloss sich der Rom-Gruppe um Zahir Shah an. Er war Teil der Rom-Delegation beim Bonner Afghanistan-Gipfel Anfang des Jahres. Im Rahmen der Quotenpolitik wurde er zum Verkehrs- und Tourismusminister ernannt.

In Kabul nutzten der Innenminister Qanuni und der Verteidigungsminister Fahim jede Gelegenheit, ihre Ablehnung gegenüber Rahman zu betonen. Diese Feindseligkeiten geben der Verschwörungstheorie eine gewisse Glaubwürdigkeit. Interessanterweise teilt die CIA-Station in Kabul diese Theorie nicht. Ein Mitarbeiter sagte der Washington Post, der Mord sei schlicht und ergreifend ein Akt aufgebrachter Pilger gewesen. Seit Tagen warteten Hunderte von Afghanen bei Minustemperaturen auf ihren Flug nach Mekka. Sie hätten bis zu 900 Dollar, eine horrende Summe für einen Afghanen, für die Reise bezahlt. Die Empörung wurde noch größer als zwei Frauen in der Kälte erfroren.

Hilferuf des Piloten

Als die Pilger am Donnerstagabend sahen, wie Abdul Rahman ein Flugzeug zu einem offiziellen Besuch nach Indien bestieg, stürmten sie die Maschine, zogen den Minister heraus und töteten ihn mit Messerstichen und Tritten. Es soll eine Videoaufnahme von dem Ereignis geben. Die Regierung hat diese bis jetzt allerdings nicht veröffentlicht. Der Pilot des Flugzeuges soll über Funk mehrmals um Hilfe gebeten haben. Sein Hilferuf auch an die internationalen Friedenstruppen blieb laut der Zeitung "The News" aus Islambad ungehört.

Zwei Beamte des afghanischen Verteidigungsministeriums äußerten sich im Tagesspiegel zu Karsais Motiv, seine Verschwörungstheorie zu verbreiten: "Dies ist eine gezielte Aktion, um die Nordallianz zu schwächen. Er kann jetzt versuchen, bestimmte Personen loszuwerden. Vor allem will Karsai die Situation nutzen, um den Westen unter Druck zu setzen, mehr Friedenstruppen nach Afghanistan zu schicken."

Ashwin Raman

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