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Der lettische Dirigent Ainars Rubikis.

© Jänis Porietis

Ainars Rubikis: Komische Oper: Neuer Generalmusikdirektor

Nach Tagesspiegel-Informationen wird der Lette Ainars Rubikis an der Komischen Oper Nachfolger des Musikchefs Henrik Nánási. Der dirigierte zum Abschied Mahlers Vierte.

Mariss Jansons, Andris Nelsons, Ainars Rubikis – was für ein Dreiklang. Lettland hat nur knapp zwei Millionen Einwohner, aber gerade schickt sich ein dritter Maestro aus dem musikbegeisterten baltischen Kleinstaat an, Karriere zu machen. Nach Tagesspiegel-Informationen wird Kultursenator Klaus Lederer am Montag den Letten Ainars Rubikis als künftigen Chefdirigenten der Komischen Oper vorstellen. Der 1978 geborene Künstler passt gut zu dem Berliner Musiktheater, denn er ist ein buchstäblich stimmerfahrener Dirigent. Als Domsingknabe in Riga erhielt Rubikis seine musikalische Grundausbildung, legte in seinem Studium einen Schwerpunkt auf Chorleitung und arbeitete als Assistenzdirigent beim Lettischen Radiochor, bevor er sich dem Sinfonischen und der Oper zuwandte.

Erste Preise beim renommierten Bamberger Dirigentenwettbewerb 2010 und beim Young Conductors Award in Salzburg 2011 öffneten ihm viele Türen, 2012 wurde er Musikchef in Nowosibirsk, am drittgrößten russischen Opernhaus. Doch schon nach knapp drei Jahren musste er wieder gehen, in Folge des „Tannhäuser“-Skandals, der international für Empörung sorgte. Für eine Neuinszenierung von Wagners Wartburg-Drama hatte Rubikis den jungen Regisseur Timofej Kuljabin engagiert, der Tannhäuser als depressiven Filmregisseur auftreten ließ und als Jesus verkleidet zum Rendezvous mit Venus schickte. Umgehend zeigte der russisch-orthodoxe Erzbischof von Nowosibirsk das Kreativteam an, wegen „mutwilliger öffentlicher Schändung von religiöser und liturgischer Literatur“; die Produktion selbst hatte er gar nicht gesehen. Dirigent wie Operndirektor stellten sich schützend vor den Regisseur – und wurden entlassen, auf Anweisung des Moskauer Kulturministeriums.

Vehementer Verfechter der Kunstfreiheit

Ainars Rubikis ist also nicht nur offen für szenische Experimente, sondern auch ein vehementer Verfechter der Kunstfreiheit. Und ein Dirigent mit klaren Vorstellungen, der es versteht, im Probenprozess die Musiker für sich zu gewinnen. Das Orchester der Komischen Oper hat er im Februar beim ersten gemeinsamen Konzertprogramm überzeugt, mit Beethovens „Eroica“. Energetisch drängte die Musik da vorwärts, mit lebhaftem Puls, der Zukunft zugewandt. Gemeinsam gelang es Dirigent und Musikern, den Zuhörern zu verdeutlichen, dass dieser tausendmal gehörte Klassiker ein Werk der Avantgarde ist, voll überraschender Wendungen und unerhörter Innovationen.

Musikchef Hendrik Nánási gab am Freitag sein letztes Konzert an der Komischen Oper.
Musikchef Hendrik Nánási gab am Freitag sein letztes Konzert an der Komischen Oper.

© Jan Windszus Photography

„Wir können und wollen hier nicht den Superstar finden, aber wir können jene fördern, an deren künstlerische Integrität wir glauben“, zitierte Jörg Königsdorf den Dirigenten Jonathan Nott 2010 in seiner Tagesspiegel-Reportage über den Bamberger Mahler-Wettbewerb. Mit Ainars Rubikis hat damals der Richtige gewonnen. Die Möglichkeiten, die der Sieg in Bamberg ihm eröffnete, ergriff er mutig, ohne übereilt Karriere machen zu wollen. Jenseits des ganz grellen Rampenlichts erweiterte er sein Repertoire, arbeitete mit der Kremerata Baltica, debütierte in Toronto, Tokio, Helsinki und Lissabon und brachte mit Regisseur Christian Stückl in Oberammergau „Nabucco“ heraus.

Das Stück übrigens, das Rubikis 2010 in Bamberg so preiswürdig interpretierte, war Gustav Mahlers Vierte. Der Zufall will es, dass Henrik Nánási, der scheidende Generalmusikdirektor der Komischen Oper, nun genau diese Sinfonie für sein letztes Konzert am Freitag in der Behrenstraße ausgewählt hat. Es ist ein Ende ohne Wehmut. Denn in den fünf Jahren, in denen der Ungar zusammen mit Intendant Barrie Kosky die Geschicke des Hauses leitete, ist er nicht wirklich in Berlin angekommen, konnte sich in der harten hauptstädtischen Konkurrenz kein unverwechselbares Profil erarbeiten.

Ein klangsinnlicher und souveräner Abschied

Solide war das, was er im Graben ablieferte, in der Zusammenarbeit mit den Regisseuren zeigte er sich kooperativ, selbst, wenn das optische Element eindeutig dominierte, wie bei Koskys Stummfilm-„Zauberflöte“. Willens, sich auf einen exzentrischen Interpretationsansatz einzulassen, ist Nánási auch am Freitagabend, als der Pianist Martin Stadtfeld Mozarts Jeunehomme-Konzert maximal pathetisch mit Bedeutung auflädt, mit barocker Rhetorik im hochromantischen Klanggewand.

Ganz organisch hingegen entfaltet er mit den motivierten Musikern Mahlers Vierte. Klangsinnlich, ballettmusikhaftabwechslungsreich fliegen die ersten beiden Sätze vorbei, souverän schlägt er den Spannungsbogen über den ausgedehnten langsamen Satz, bevor das Finale dann der Sopranistin Polina Pastirchak und ihrer lieblich-lyrischen Jenseitsvision gehört. So verabschieden sich Kavaliere.

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