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Johannes Bergheim und Holger Kampling vom DJ-Team Aka Aka. 

© Martin Niewendick

Aka Aka im Interview: „Wir wollen Leuten mit wenig Geld einen tollen Abend bescheren“

Das DJ-Team Aka Aka plant zu seinem 15. Band-Jubiläum einen kostenlosen Rave. Ein Gespräch über niedrige Gehälter, illegale Raves und die Zukunft der Szene.

Johannes Bergheim und Holger Kampling, Sie haben eine Umfrage gestartet, wie viel Eintritt Sie für Ihr Event verlangen sollen. Was kam dabei heraus?
Bergheim: Es waren einige Leute dabei, die direkt gesagt haben, es soll überhaupt nichts kosten. Das kann ich angesichts der aktuellen Situation mit Inflation und hohen Preisen verstehen, und genau deswegen machen wir es ja auch kostenlos. Allerdings hat eine Mehrheit angegeben, einen normalen Eintrittspreis von 15 bis 20 Euro zahlen zu wollen, einige gaben sogar 30 bis 40 Euro an.

Auf Ihrem Rave im Festsaal Kreuzberg wird es auch eine Newcomer-Bühne geben. Wie haben Sie die Auswahl getroffen?
Bergheim: Wir haben uns angeschaut: Wer hat in der letzten Zeit Wellen geschlagen, ist über seine Grenzen gegangen? Sieben Spots haben wir selber ausgewählt und einen Slot verlost.

Was haben Sie für die ersten Events ausgegeben, die Sie selbst besucht haben?
Bergheim: Fünf Mark für einen Club-Eintritt, 1996 war das.
Kampling: Auf meinem ersten Festival war ich 16, da habe ich für das komplette Line-Up 25 Mark bezahlt.

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Nach dem Lockdown war die Hilfsbereitschaft der Club-Szene groß, bereitwillig wurden hohe Solidaritätspreise für Partys gezahlt, Spenden entrichtet. Warum hat das irgendwann aufgehört?
Kampling: Ab einem gewissen Punkt ging das den meisten Leuten ans eigene Portmonee. Alles wurde teurer. Das ging Ruckzuck, bis viele gemerkt haben: Was ist wichtiger – Feiern gehen oder den Kühlschrank vollmachen? Das kann man niemandem vorwerfen. Vor allem ältere Raver haben höhere Ansprüche an einen gelungenen Abend als jüngere. Und das kostet natürlich.

Bergheim: Mit unserem Rave wollen wir Leuten mit wenig Geld einen tollen Abend bescheren, bei dem sie sich auch etwas an der Bar leisten können. Das ist unsere Priorität, und keine generelle Kritik an Preiserhöhungen.

Vom höheren Eintritt kommt bei uns übrigens nichts an. Unsere Gagen haben sich nicht verändert, gleichzeitig sind die Kosten für die Clubs enorm gestiegen. Dazu zählen etwa Energiekosten oder auch Gehälter. Allerdings offenbar nicht bei den Leuten mit den geringsten Gehältern: Da ist nichts passiert, und deshalb hat sich in Berlin Ende 2023 auch die „Berliner Clubarbeitenden-Gewerkschaft“ gegründet.

Trotzdem formulieren Sie keine Kritik an den neuen Verhältnissen?
Kampling: Wie sollten wir das kritisieren? Es kann ja keiner was dafür. Der Club kann nichts dafür, dass die Energiekosten gestiegen sind. Die Getränkepreise sind hochgegangen …

Bergheim: … Seife, Klopapier, Toilettenbetrieb, das sind Faktoren, an die man als normaler Gast überhaupt nicht denkt, deren Kosten aber enorm gestiegen sind.

Kampling: Wir wissen zum Beispiel von einem Winterfestival, das jetzt nicht mehr stattfinden kann, weil sich die Veranstalter die Heizkosten für die Halle nicht mehr leisten können.

Geht all das nicht irgendwann an die Substanz der Technokultur?
Kampling: Nicht nur an die der Technokultur, sondern der gesamten Kultur.
Bergheim: Was heißt an die Substanz? Die Technokultur ist aus etwas ganz anderem gewachsen. Ich vergleiche unsere gewachsene Berliner Kultur mit Hochkultur wie zum Beispiel Oper. An diese Substanz geht es dann, aber nicht an den Ursprung der Community wie Warehouse-Partys, improvisierte Raves, illegale Open Airs.

Kultur muss von außen gefördert werden. Wenn das passieren würde, wäre ein Event wie unser kostenloser Rave auch öfter möglich.

Holger Kampling von Aka Aka

Warum nicht?
Bergheim: Eine gute Anlage und LED-Lichter kosten heute nicht mehr viel und sind leicht zu bedienen – batterie-betrieben, ohne Generator. Und schon hast du deinen kleinen illegalen Rave. So etwas hält die Szene am Ende noch zusammen, und so haben ja auch Holger uns ich uns kennengelernt. Wir haben früher in der Hasenheide Partys gemacht, im Görlitzer Park, im Monbijoupark oder irgendwo in Mitte. Heute sind solche zentralen Raves unvorstellbar, aber am Stadtrand passiert noch einiges.

Einer aktuellen Studie aus Großbritannien zufolge haben dort seit Beginn der Pandemie 32 Prozent aller Clubs dichtgemacht – allein in London insgesamt über 1000 Bars und Clubs. Muss sich Berlin auf ein ähnliches Szenario einstellen?
Bergheim: Ich denke nicht. Ein entscheidender Faktor ist der Platz, und der ist zum Beispiel in London begrenzt. Berlin expandiert dagegen immer noch weiter, etwa Richtung Flughafen. Prinzipiell haben wir kein großes Platzproblem, von daher kann man die Städte nicht so sehr vergleichen. Außerdem hat London ein großes Stadtzentrum, während Berlin viele kleinere hat. Von der Struktur wäre London eher mit München oder Stuttgart vergleichbar.

Was würden Sie Veranstalter:innen raten, um das Vertrauen der Gäste zurückzugewinnen?
Kampling: Mehr Transparenz. Das Wurzelfestival hat zum Beispiel eine detaillierte Rechnung über die Mehrkosten aufgestellt und die öffentlich einsehbar gemacht.

Bergheim: Ein Festivalticket das früher 100 Euro gekostet hat, kostet nun 200 Euro. Transparenz ist wichtig, um die Leute nicht zu verlieren. Sie wollen wissen, wofür sie plötzlich mehr bezahlen.

Kampling: Es muss sichergestellt werden, dass die Clubs nicht sterben: Kultur muss von außen gefördert werden. Wenn das passieren würde, wäre ein Event wie unser kostenloser Rave auch öfter möglich.

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