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Albumkritik: Heiter weiter

In Topform: Tom Petty And The Heartbreakers mit ihrem Album „Mojo“

Einer der größten musikalischen Irrtümer der achtziger Jahre lautete, Tom Petty sei irgendwie Teil des Punk oder des New Wave. Dabei war der Mann aus Florida mitsamt seiner Band aus alten Schulfreunden schon mit seinem Debütalbum 1976 ein Traditionalist, der den amerikanischen Südwesten und seine Vergangenheit beschwor, lange bevor der Begriff „Americana“ in Mode kam.

Nun also „Mojo“, das erste Album zusammen mit den Heartbreakers seit acht Jahren, Pettys erstes Lebenszeichen mit neuem Material seit vier Jahren. Gibt es etwas Neues in Pettyland? Wer das glaubt, ist naiv. Wie ein zuverlässiger Oldtimer tuckern Tom Petty And The Heartbreakers über ihren eigenen Highway. Man bekommt genau das, was man auch erwarten durfte: 65 Minuten gut gelaunten, lässigen Bluesrock, manchmal von der etwas härteren Gangart, aber oft melodienselig.

Mit 15 Songs, viele davon jenseits der Fünf-Minuten Grenze, kommt „Mojo“ etwas vollgestopft daher. Doch vor dem Abgleiten ins Belanglose sind die Heartbreakers durch ihre Präzision gefeit. Der fünfköpfigen Band hat die Pause ausgesprochen gut getan. Selten war Mike Campbells Gitarre sanfter als in der Ballade „No Reason To Cry“, selten hat er es mehr krachen lassen, als bei der Single „I Should Have Known“.

Aufgenommen wurde „Mojo“ im Proberaum der Band, das von den Heartbreakers auch gerne „Clubhaus“ genannt wird. Sie haben das Album quasi live eingespielt und genau so klingt es dann auch: auf den Punkt, organisch, spontan, mit viel Platz zur Improvisation. Lediglich Pettys vor Witz und Zynismus strotzende Texte – in „Jefferson Jericho Blues“ mokiert er sich über die Liebesbeziehung des Präsidenten Thomas Jefferson zu einer schwarzen Sklavin – passen nicht zu diesem Eindruck.

Genau so, cool, humorvoll und unabhängig kam Tom Petty auch schon vor zwei Jahren in dem grandiosen Dokumentarfilm „Running Down That Dream“ von Peter Bogdanovich rüber: Immerhin rebellierte der Mann aus Gainesville schon gegen die kommerziellen Zwänge der Musikindustrie, als Prince und George Michael noch nicht einmal Plattenverträge hatten. Und in seinen allerbesten Momenten, wie etwa bei der All-Star-Band Travelling Willburys, kreierte Petty Melodien, die man schon seit Jahren zu kennen glaubte.

Mit „Mojo“ schließen Tom Petty And The Heartbreakers mühelos an die anderen großen traditionellen Erzähler der amerikanischen Musik an. Sie stehen wieder neben Bob Dylan und Neil Young und lassen Bruce Springsteen einfach hinter sich am Autobahnrand liegen. Auch die Werke jüngerer Konkurrenten hat Petty in den letzten Jahren offenbar gehört. So erinnert manches auf der neuen CD an die White Stripes. Aber war es nicht Jack White, der Tom Pettys schlacksigen Gang und auch den knochentrockenen Sound der Heartbreakers kopierte? Auf der anderen Seite zitiert Tom Petty ausführlich den ehemaligen Fleetwood-Mac-Gitarristen Peter Green. Und so dreht sich das große Rad immer weiter.

„Mojo“ ist bei Warner erschienen.

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