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Kultur: Aliens aus Filz in der Berliner Galerie Mönch

Reichsstraße 52, bis 23. Oktober; Mittwoch bis Freitag 15-19 Uhr, Sonnabend 11-15 UhrAndreas Hergeth Armes kleines Ding: Ohne Arme, Mund und Nase hängt es an der Wand.

Reichsstraße 52, bis 23. Oktober; Mittwoch bis Freitag 15-19 Uhr, Sonnabend 11-15 UhrAndreas Hergeth

Armes kleines Ding: Ohne Arme, Mund und Nase hängt es an der Wand. Als "Haarersatz" muss ein grün-gelblicher Fleck herhalten, der wie zerlaufende Spucke aussieht. Der Körper erinnert an eine überdimensionale Laus mit nur zwei Beinchen und Knopfaugen. Eigentlich müsste es ja konsequenterweise Filzlaus heißen, denn die Oberfläche des Objektes ohne Titel (4500 Mark) hat Alexander Braun aus Filz gearbeitet.

Der 35-Jährige aus Dortmund setzt sich seit längerem mit dem Material auseinander. In der Galerie Mönch zeigt er in seiner ersten Berliner Einzelausstellung "Spit on a Stranger" neue Arbeiten. Das erklärt auch den "Speichel" auf der "Laus". Fremdartig wird es im nächsten Raum, in dem ein seltsames Wesen in einem Video (350 Mark) zu sehen ist, das mit seinen großen Augen und den komischen Händen an E. T. denken lässt. Der Außerirdische tanzt bedächtig nach Hawaii-Klängen. Daneben ist das gleiche Wesen auf fünf Prints (zusammen 2000 Mark) abgelichtet. Nur trägt es dieses Mal einen schicken schwarzen Anzug - die Fremden sind längst unter uns.

Alexander Braun ist mit seinen Filzarbeiten Mitte der 90-er Jahre bekannt geworden. Aus farbigen Filz kreierte er meterlange Schleifen, die kreisförmig angeordnet und mit entsprechend langen Sätzen aus Filzbuchstaben als riesige Comic-Sprechblasen daherkamen. Dass Sprache Kunst ist, zeigt Braun auch jetzt. Nur hat sich die visuelle Umsetzung stark verändert. Jetzt tauchen seine Buchstabenfolgen auf mit Filz bespannten Keilrahmen auf und wirken wie Tafelbilder. Die Buchstaben sind sauber ausgeschnitten und entlang der Kontur mit gleichmäßigen Stichen aufgenäht: "Kann nicht reden kann nicht schweigen kann nicht sagen wie mir ist kann nicht fühlen kann nicht wissen kann nicht sagen was es ist", ist da zu lesen (8000 Mark). Das Geschriebene lässt sich dergestalt als Kommentar verstehen. Dem Trend unserer von Computern bestimmten Zeit, die Denken und Kommunikation immer mehr als Folge von Nullen und Einsen erscheinen lässt, setzt Braun sein ästhetisches Verständnis von der Wechselwirkung zwischen Schreiben, Sprechen, Lesen, zwischen intellektueller Reflexion und sinnlicher Erfahrung entgegen.Galerie Mönch, Reichsstraße 52, bis 23. Oktober; Mittwoch bis Freitag 15-19 Uhr, Sonnabend 11-15 Uhr. © 1999

Andreas Hergeth

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