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Besetzt. Diese Gondel in Oberrickenbach (1993) ist leider schon voll.

© A. Odermatt

Arnold Odermatt in der Galerie Springer: Alpenblühen

Ein Schweizer Bürger mit wachem Auge für alles, was im Umkreis passiert: Die Galerie Springer zeigt Fotos von Arnold Odermatt.

Mit sechzig Jahren als Fotograf entdeckt zu werden, gehört zu den Seltenheiten. Arnold Odermatt hat auf diesen Ruhm nie Wert gelegt. Ihm genügte die Stellung bei der Kantonspolizei: ein gewissenhafter Mensch mit einem leicht sonderbaren Vergnügen daran, die Folgen der Karambolagen auf den Landstraßen, ineinander verkeilte Automobile, im Bild festzuhalten, wobei Blutspuren und Verletzte außen vor blieben. Aber auch so meint, wer die Aufnahmen sieht, das Krachen des Blechs und das Bersten von Glas zu vernehmen.

Doch Odermatt, 1925 in der Ortschaft Oberdorf im Kanton Nidwalden geboren, war und ist nicht nur ein Dienstmensch, sondern auch Privatmann, besser gesagt: ein Schweizer Bürger mit einem wachen Auge für alles, was im Umkreis passiert, sei dies eine Viehprämierung auf dem Dorfanger, das Alphornblasen vom Berg, der Bau der ersten Schweizer Autobahn in den sechziger Jahren oder der Stau auf der fertigen Strecke. Die Autos mögen in die Ferne fahren, doch Odermatt hält die Stellung des Regionalbeobachters, obwohl er nie eine Schweizer Fahne ins Bild setzt. Eine Männerrunde im Wirtshaus, die öffentliche Versammlung der Landgemeinde, zu der man im Sonntagsstaat kommt, die kühne Konstruktion der Berg- und Seilbahnen – Odermatt schaut auf alles mit den Augen des Beteiligten. Einmal, eine Ausnahme, setzt er sich mit seinen Polizeikameraden selbst ins Bild, mit hochgerecktem Sturmgewehr.

"Ein gutes Bild muss scharf sein"

„Feierabend“ heißt diese altneue Serie, die in vollem Umfang vor Kurzem als dickleibiger Fotobildband bei Steidl erschien. Die Galerie Springer hat daraus knapp 40 markante Vintage-Prints ausgewählt. Die meisten schwarz-weiß, einige farbig und jede ist ein neues Beweisstück für das frische, von keiner Modeströmung beeinflusste Herangehen dieses Naturtalents aus einer urschweizerischen Region. Man könnte von Heimatfotografie sprechen, wenn nicht aus Odermatts fotografischem Blick immer eine unprätentiöse Distanz, ein ruhiges Abwägen bei strikter Abneigung gegen jedes gefällige Arrangement spräche. Der leicht kauzige Humor liegt in der Sache begründet, die er, offenbar mit Vergnügen, festhalten will, zum Beispiel wie eine Kuh aus der Seilbahn schaut, die sie den Berg hinauf befördert. Oder die jungen Männer eines Vespa- Clubs, eine Aufnahme von 1951, die wie zu einer Parade postiert sind.

„Ein gutes Bild muss scharf sein“, sagte Odermatts einmal. Die Schärfe zeigt sich daran, wie er in verschiedenste Varianten immer wieder die Bruchkante zwischen beschaulicher Lebensform und moderner Technik, sesshafter Gemütlichkeit und Zwang zu Mobilität und Tempo ins Bild setzt, mal erschrocken, mal erheitert – ein großartiger fotografischer Zeuge des Beharrens im Wandel.

Galerie Springer, Fasanenstr. 13, bis 6. Mai, Di–Fr 12–18 Uhr, Sa 12–15 Uhr

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