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Die britische Indie-Band Alt-J.

© Laura Coulson

alt-J zu Gast im Lido: Frei zur Verwendung

75 Minuten spielt die Band alt-J im Berliner Lido. Ein Trip mit glasbruchscharfen Telecastertönen, Soundsamples und synkopischen Drums

Es war einmal im Lido: Eine Versammlung glücklicher Menschen, Gewinner allemal, Karten gab es nicht zu kaufen, sie wurden verlost, und die Band in einem so kleinen Club nie mehr zu erleben. So wird es sein, so werden sie es erzählen. Hier und jetzt ist es ein Trip, 75 Minuten lang, bis sich hinter der letzten Ecke des Dreiecks die Türen öffnen hin zur Schlesischen Straße, wo wieder ein ganz anderer beginnt. alt-J, auf einem Mac die Tastenkombination für Delta, ist die Musik zum Film zur Musik. „Euer LSD“, schreibt die „Intro“ in ihrer Covergeschichte zur Band aus Leeds, was ein paar kleine Amerikaner nicht davon abhält, sich trotz Rauchverbots heimlich tief gebückt einen Joint reinzuziehen.

„Art Pop“, „Art Alternative Pop“, das sind so die klassischen, zugleich aber etwas verzweifelt wirkenden Versuche, alt-J in eine Kiste zu stecken. Aber kaum sind sie drin in einer, die Herren Kunststudenten, fliegt der Deckel wieder auf und schon sind sie in der nächsten. Minimalistischer Bombast, bombastischer Minimalismus, glasbruchscharfe Telecastertöne von Joe Newman durchschneiden die von Gus Unger-Hamilton mit dem Novation-Synthie mehrfach geschichteten Soundsamples, die über die synkopischen Drums von Thom Green scheinbar unkontrolliert dahinstolpern, bis dann alles plötzlich gegen das Falsett des Satzgesangs prallt.

Das neue Album von alt-J, "This is all yours", ist gerade erschienen

Vor zwei Jahren sind alt-J durchgestartet mit dem Album „An Awesome Wave“, das neue, „This is all yours“, ist gerade erschienen. Die Texte sind Fetzen, rätselhaft, scheinbotschaftlich, alles frei zur eigenen Verwendung, whatever it means – all yours, eure Sache. Abstrakte Collagen wohin man auch hört, und doch fügt sich alles zum Feinsten. Auf großen Festivals haben alt-J gespielt, Melt, Reading, Glastonbury, in großen Hallen überall auf der Welt, und immer wieder schreit ihre Musik auch nach Raum, nach Hall, um dann plötzlich doch wieder hier, auf einer kleinen Bühne, genau richtig zu sein. All in between.

Als alles getan ist, alles gepackt, stolpern auch sie raus aus dem längst leeren Lido auf die Straßen von Kreuzberg, lassen sich noch vor ihrem Bus fotografieren, nahbar, fast schüchterner als ihre Fans. Nach London geht’s, dann nach Australien, weg sind sie. Erst im Februar kommt alt-J wieder, dann in die Columbiahalle. Sie werden dort noch mehr Menschen glücklich machen, für die Zeit eines Trips.  

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