zum Hauptinhalt

Kultur: An der Bar

Caroline Weihrauch stellt bei Friedmann-Hahn aus

Gewächse sind sie alle. Diese wundersamen, von Caroline Weihrauch „Quallen“ genannte Formen, die dennoch wie barocke Ornamente über ihre Leinwände wuchern. Und jene ganz besondere urbane Pflanze, die sie schon als Studentin an der ehemaligen Hochschule der Künste faszinierte: Wann immer die Malerin Anfang der neunziger Jahre an der „Paris Bar“ auf der Kantstraße vorbeikam, verwandelte sich der Ort für sie in ein heilloses Versprechen. Das Licht, die Farben und natürlich die illustren Gäste.

Irgendwann wurde Weihrauch selbst Teil dieser Szene. Parallel dazu hat sie sich ihr Sehnsuchts-Motiv malend erschlossen. Aus immer anderem Blickwinkel, aber mit einer Konstante: Im Fokus ihrer Gemälde, die aktuell in der Galerie Friedmann-Hahn zu sehen sind, steht das Interieur der Bar. Und mit ihm die seltsam gespannte Atmosphäre, die die Räumlichkeiten frühabends erfüllt, wenn alle Tische gedeckt sind, die weißen, zu Pyramiden gefalteten Servietten zarte Schatten werfen und sich das Licht in den Weingläsern spiegelt. Bereit zum großen Auftritt, den das Publikum wenig später garantiert.

Andere Arbeiten widmen sich den dunkel grundierten Wänden. Die Kunst in der Paris Bar ist legendär und stammt von Stars wie Martin Kippenberger, Daniel Richter oder Sarah Lucas. Einiges davon versteht sich als Ausgleich für offene Rechnungen, die die Wirte früher gern mit Bildern begleichen ließen. „Let’s get lost“ (19 500 Euro) heißt nun eines von Weihrauchs neuen Gemälden, das eine vertrackte Geschichte erzählt. Denn schon Kippenberger nahm sich die Bar zum Motiv für ein Gemälde, das lange dort hing. Als es 2009 versteigert werden musste, schuf Daniel Richter für die leere Stelle eine Kopie mit Varianten.

Sie taucht auch in der Ansicht der Künstlerin auf und vervielfältigt die Einrichtung im raffinierten Spiel von Bild und Abbild. Caroline Weihrauch fügt dem noch eine Facette hinzu, wenn sie die Bar in so prächtigen Farben schildert, dass sie schöner erscheint als jede Wirklichkeit. Hier offenbart sich der Zauber der Malerei, die ihre eigenen Wege geht und Details in den Blick rückt, die es trotz aller gegenständlichen Rückbezüge so nicht gibt.

Ganz ähnlich setzen sich die Landschaften der Künstlerin zusammen. Panoramen mit weitem Horizont und herausgehobenen Architekturen, die wie Schätze auf blauen Kissen liegen. Und selbst die „Quallen“ gehorchen diesem Prinzip: „Deep water horizont“ heißt die bislang dreiteilige Serie (je 8900 Euro), in der Caroline Weihrauch die zerstörten Schönheiten tief im Meer als fiktive Abstraktionen wieder auferstehen lässt.

Galerie Friedmann-Hahn, Wielandstr. 14; bis 4. Juni, Di–Fr 13–20 Uhr, Sa 13–18 Uhr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false