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Angelina Jolie am Samstag auf dem Podium im Hyatt-Hotel. Als Regisseurin stellte sie ihr Bosnien-Drama "In the Land of Blood and Honey" vor.

© AFP

Angelina Jolie: Diva und Debütantin

Vor der Premiere ihres Bosnien-Films "In the Land of Blood and Honey" stellt sich Angelina Jolie auf der Berlinale den Fragen der Journalisten.

Das Scheinwerferlicht glänzt auf ihrer hohen Stirn, als Angelina Jolie die erste Frage abwehrt wie einen Pingpong-Ball: freundlich im Ton, klar in der Sache, souverän in der Haltung. Der Journalist kritisiert das Schwarz-Weiß-Weltbild ihres Bosnien-Dramas „In the Land of Blood and Honey“ (Tagesspiegel vom 11.2.), das in seinen Augen als einzigen Kriegsgrund den Hass auf Moslems benenne. Jeder Zuschauer habe das Recht auf seine eigene Wahrnehmung ihres Regiedebüts, kontert Jolie. „Aber Sie wissen, es war nicht die Absicht des Films, schwarz-weiß zu malen.“ Unterstellen lässt sie sich nichts.

Kerzengerade sitzt sie auf dem Podium im Hyatt-Hotel zwischen acht ihrer Schauspieler, hellwach, hochkonzentriert. Manchmal stützt sie das Kinn in die abgewinkelte Hand, registriert das Geschehen im Konferenzsaal, verkörpert Ernsthaftigkeit mit jeder Faser ihres Wesens. Die perfekte Show? Die engagierte Regisseurin, die ihren Kriegsfilm auf der politischen Berlinale präsentiert – die neue Rolle der Angelina Jolie?

An diesem Samstag, vor der Gala-Premiere im Haus der Berliner Festspiele (Filmstart: 23.2.), wird offensichtlich: Es sind wir Journalisten, die sich die Komplimente der Schauspieler über ihre wunderbare, inspirierende, mütterliche, so gar nicht divenhafte Regisseurin nur zu gern in den Block diktieren lassen und die Angelina Jolie partout auseinanderdividieren wollen – in die Diva und die Debütantin. Und es ist die Professionalität einer Jolie, solches Ansinnen höflich zu ignorieren. Lieber spricht sie von der Pflicht jedes Menschen, sich selbst zu einem mündigen Bürger zu erziehen, vom Privileg ihrer Reisen als UN-Botschafterin, von ihrem Ruhm, der ihr eine Verpflichtung ist.

Bei aller Verbindlichkeit bleibt sie doch allgemein, man kennt das von Amerikanern auf Filmfestival-Podien. Sie sagt, sie hat viel von den bosnischen Frauen gelernt. Bloß was, das sagt sie nicht. Konkret wird sie bei der Kinderfrage. „Muss man denn zeigen, wie Kinder getötet werden?“, will eine Kollegin wissen. „Sie haben selbst sechs Kinder.“ – „Eben deshalb“, so die Antwort der 36-Jährigen. „Als Filmemacher haben wir die Verantwortung, die Schrecken des Krieges zu zeigen. Es sollte schwer zu ertragen sein.“ Angelina Jolie mag auch keine Vergewaltigungsszenen, in denen man lediglich Soldatenstiefel und zitternde Gläser sieht – worauf sie sich detailliert zur politisch heiß umstrittenen Zahl der vergewaltigten bosnischen Frauen äußert. 15 000, sagt die UN. „Aber schon eine vergewaltigte Frau ist eine zu viel.“

Bereits bei der Konferenz eine Stunde zuvor mit dem Team von Christian Petzolds „Barbara“ (siehe Seite 26) ist jeder Platz besetzt. Warten auf Angelina, heißt die Devise. Gedränge, Hektik, Stimmengewirr, bald ist der Raum überfüllt. Christian Petzold weiß, was los ist, er redet noch schneller als sonst, pariert die Ungeduld der Meute auf seine Weise: ein Filmemacher im Schnellvorlauf. Dort, wo nachher Angelina Jolie sitzt, nimmt jetzt Nina Hoss Platz, die Darstellerin der DDR-Ärztin Barbara. Auch auf ihrer Stirn glänzt das Licht, auch sie hält sich kerzengerade, auch sie antwortet freundlich, souverän, aufmerksam. Nur ein bisschen lockerer, etwas weniger gepanzert, weniger diszipliniert geht es zu. Angelina Jolie hat Autorität, Nina Hoss eine Art Aura. Auf die Frage nach ihrer Verweigerung des Star-Status meint Hoss, sie habe nie etwas verweigert. Sie habe sich nur nie darum gekümmert.

Und Petzold ergänzt: Stars, das seien grundsätzlich die, die sich nicht darum kümmern. Ein Nachmittag, zwei Königinnen. Christiane Peitz

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