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Kultur: Angriff der Killerbienen

POP

Nach zwei Vorgruppen sind zu reichlich fortgeschrittener Stunde noch erstaunlich viele Leute im Magnet , um The Friends Of Dean Martinez zu hören. Viertel nach Elf sitzen sie endlich auf der Bühne. Kaum zu sehen von weiter hinten. Doch, da ist ein Wuschelkopf mit Bart und Stratocaster. Und ein Schlagzeuger. Und eine Baseballkappe. Das muss Bill Elm sein, Steel-Gitarrist. Kein Bass. Schmatzendes Schwirren lässt die Luft vibrieren. Metallisches Kreischen. Gurgelige Echos. Tosendes Gewaber. Kaum zu glauben, dass dies einmal die Band war, in der John Convertino und Joey Burns vor einigen Jahren den Klang ihrer späteren Gruppe Calexico anlegten, ihren betörenden Wüsten-Sound. Heute spielen FODM einen wüsten Sound, der eher an Underground-Bands der späten Sechziger erinnert. Doch da, ganz kurz: die Andeutung einer Melodie, schwer und schleppend. Aber schon wieder untergegangen im kakophonischen Gemetzel. Auf einem weißen Laken hinter der Bühne erscheinen hektische Filmsequenzen. Cowboys und Landschaften, alte Frauen mit Hüten und Sonnenbrillen, Autos, Berge, karges Land. Ist das noch das erste Stück? Oder schon das vierte? Himmel, Wolken, Vogelschwärme. Der Lärm wird mächtiger, gefährlicher. Wie Insekten, millionenfach verstärkt, klingt das infernalische Tosen. Bedrohliches Sirren und Schwirren. Angriff der Killerbienen. Gute Laune machen diese Klänge nicht, sie erzeugen eher aggressive Schläfrigkeit und eine merkwürdige Stumpfheit. Draußen ist man wie erlöst und sehnt sich nach einer großen Tafel Schokolade.

H.P. Daniels

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