Kultur: Arbeitslos
Am 14. August 1956 starb Bertolt Brecht in Berlin. Bis zu seinem 50. Todestag hören wir täglich von ihm.
Meine Herren, das ist sehr schwierig
Mit der Arbeitslosigkeit.
Wir ergriffen ja begierig
Jegliche Gelegenheit
Diese Sache zu – besprechen
Wann Sie wollen! Jederzeit!
Denn das muß ein Volk ja schwächen
Diese Arbeitslosigkeit.
Uns ist sie ja unerklärlich
Diese Arbeitslosigkeit
Dabei ist sie so beschwerlich
Und es wär auch höchste Zeit!
Dabei darf man nicht einmal
Sagen, sie sei unerklärlich
Denn das ist ja auch fatal
Das verschafft uns nämlich schwerlich
Das Vertrauen bei den Massen
Und das ist uns unentbehrlich
Man muß uns gewähren lassen
Denn das wäre ganz gefährlich
Jetzt das Chaos zu entfachen
In so ungeklärter Zeit!
So etwas darf man nicht machen
Bei der Arbeitslosigkeit!
Oder was ist Ihre Meinung?
Passen würd uns in den Kram
Diese Meinung: die Erscheinung
Wird verschwinden, wie sie kam.
Aber die erzählt uns hier nicht:
Unsere Arbeitslosigkeit
Geht nicht eher weg, eh ihr nicht
Arbeitslos geworden seid!
Um 1930. Aus: Gedichte und Gedichtfragmente 1928–1939. Bertolt Brecht, Werke. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Band 14 © Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1993.
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