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Soll ich jetzt den Knaller zünden? Heimkino war schon immer schick

© akw-images/Picture Alliance

Arthouse-on-Demand: Im Couch-Palast

Die Berlinale ist vorbei, es lebe die Berlinale: Wer gute Filme will, muss nicht länger ins Kino. Denn Video-on-Demand-Portale sind auf dem Vormarsch. Auch für Cineasten gibt es längst spannende Arthouse-Angebote im Netz. Nur der deutsche Film lahmt.

Das „dänische Enfant terrible“, so wirbt die Homepage, darf natürlich nicht fehlen: Zwar ist es für Lars von Triers Wettbewerbsfilm „Nymphomaniac“ noch zu früh – aber sein philosophischer Horrortrip „Antichrist“ wird auf realeyz.tv prominent präsentiert. Und daneben „Frances Ha“, der Panorama-Publikumsliebling von 2013, sowie Michael Krauses Dokumentation über den Erfinder Nikola Tesla aus dem Jahr 2012 und der Buñuel-Klassiker „Belle de Jour“ mit Catherine Deneuve.

Realeyz ist eine Online-Plattform für Arthousefilme und Dokumentationen, eine Art digitales Programmkino. Der Zuschauer kauft keine Tickets, er klickt sich zu den Filmen durch, wahlweise als Einzelkauf oder als Abonnement – kann sich sein eigenes Filmfest zusammenstellen, bequem daheim.

Video-on-Demand (VoD), das Abrufangebot von Filmen via Internet, hat die bisherige Verwertungskette Kino, Fernsehen und DVD erweitert. 2013 wurden in Deutschland zwar erst zehn Prozent des 1,7 Milliarden Euro schweren deutschen Videomarkts auf digitalem Weg erlöst. Doch für 2014 hoffen die Anbieter von VoD-Portalen auf den großen Sprung: Branchendienst Goldmedia prophezeit bereits einen baldigen Anteil von über 50 Prozent.

2014 werden für Streaming-Portale Wachstumsraten bis 50 Prozent vorhergesagt

„2014 wird das Jahr, wo sich VoD in Deutschland etabliert“, sagt auch Andreas Wildfang, Mitgründer des Start-ups Realeyz. Die 2009 gestartete Plattform rüstet gerade im großen Stil auf: 2500 Filme sind derzeit im Angebot, Ende 2014 sollen es 6000 sein. Geboten wird Handverlesenes: Arthouse, Filmgeschichte, internationales Autorenkino. „Wir bauen Verknüpfungen, präsentieren Klassiker, laden zum Stöbern ein.“

Kunden kaufen sich auf Realeyz oder anderen VoD-Portalen ihre Filme online und streamen dann – via Laptop oder Smart-TV, für niedrige Preise. Was vor wenigen Jahren noch mühsam war, ist dank schneller Bandbreiten und leistungsstarker Beamer mittlerweile eine gute Kino-Ergänzung für die Filmsession daheim. In den USA laufen Demandseiten wie Netflix klassischen Popcornkinos bereits den Rang ab, viele schauen Filme nicht mehr im Multiplexkino, sondern im Couch-Palast.

In Deutschland will Netflix noch in diesem Jahr den Markteinstieg wagen. Das Unternehmen ist längst nicht mehr nur Anbieter, sondern auch Produzent: Die umjubelte Serie „House of Cards“ mit Kevin Spacey, deren Anfang der zweiten Staffel die Berlinale am heutigen Sonntag im Haus der Berliner Festspiele präsentiert, stammt von Netflix.

Bisher bieten vor allem Maxdome (von ProSieben Sat1), Lovefilm (Amazon) und iTunes (Apple) Augenfutter für die deutschen Online-Cineasten – und locken überwiegend mit Blockbustern, US-Serien, Action-Angeboten und Klassikern. Realeyz ist das erste Portal, das seinen Schwerpunkt auf Filmkunst und das Independent-Kino der Gegenwart legt.

Video-on-Demand hilft dabei, Filmperlen zu archivieren

„Wir bezeichnen uns als Arthouse on Demand – aber das ist eigentlich zu eng gefasst“, sagt Andreas Wildfang. Arthouse soll nur der Ausgangspunkt sein. „Das ist ja der Spaß beim Video-on-Demand: die Grenzenlosigkeit.“ Darin ähnelt das Angebot einem Festivalprogramm wie dem der Berlinale. Die Macher wählen aus, kuratieren, wollen die Vielfalt der Genres und Bildsprachen mit Sorgfalt präsentieren. Ein Portal mit Profil und klar identifizierbarer Handschrift, meint Wildfang.

Interessanterweise gibt es gerade wieder einen „Berlinale-Peak“, ein gesteigertes Interesse der Nutzer während des Filmfestivals. Suchtverhalten? Das Internet stellt jedenfalls mehr und mehr Filmkunst bereit, die nach Festivals wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden. So werden die VoD-Portale auch zu Filmbibliotheken, in denen die Schätze der Kinogeschichte leicht zugänglich aufbewahrt werden.

Dem Konservieren hat sich auch alleskino.de verschrieben. Das Portal wurde auf der letzten Berlinale mit viel Tamtam ins Leben gerufen: Auf „Alleskino“ soll eines Tages das Gesamtwerk des deutschen Filmschaffens verfügbar sein. Die Titel kosten zwischen einem und fünf Euro, ein Abo gibt es nicht. Aber die Plattform steckt nach wie vor in den Kinderschuhen: Beim Start Anfang 2013 wurden 190 Spielfilme online verfügbar gemacht. Inzwischen sind es rund 160 Titel mehr. Eine niedrige Zahl, mit allerdings hoher Spannbreite: Sie reicht vom Petzold-Drama bis zur Til-Schweiger-Klamotte. Günstig ist gut: „Yella“ mit Nina Hoss, der Silberbär-Siegerin von 2007, kostet einen Euro weniger als „Manta Manta“.

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