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Kultur: Auch du darfst nach Arkadien

Malakhov und das Staatsballett mit „Sylvia“

Von Sandra Luzina

Das Staatsballett Berlin bittet zum Schäferstündchen. Frederick Ashtons Ballett „Sylvia“ zur Musik von Léo Delibes lehnt sich an ein Renaissance-Schäferspiel von Torquato Tasso an. Vladimir Malakhov tanzt den Schäfer Aminta, der sich in die Nymphe Sylvia verguckt hat – nur leider passt er nicht in das Beuteschema der stolzen Jägerin.

Wenn die acht Nymphen aus Dianas Gefolge auf die Bühne stürmen, ist das erst mal ein toller Moment. Die schönste und hochmütigste ist Sylvia: Polina Semionova betört als herrliche Amazone. Triumphierend hebt sie ihren Bogen und darf auch gleich den treuherzigen Schäfer mit dem Öko-Fellumhang abschießen.

Offensive Weiblichkeit kommt zwar gut an auf der Ballettbühne. Doch das Schäferspiel mit seinem emotionalen Kitsch wirkt selbst für die Bioladen-Generation reichlich démodé – dieses Ballett, mit Verlaub, kommt aus der Mottenkiste. Damit Sylvia für Aminta in Liebe entbrennt, muss erst der Gott Eros intervenieren. Die Lovestory ist überaus umständlich, umso aufwendiger ist die Produktion geraten. Christopher Newton hat das 1952 uraufgeführte Ballett zu Ashtons 100. Geburtstag für das Londoner Royal Ballet rekonstruiert; der Brite studierte „Sylvia“ nun auch mit dem Staatsballett Berlin ein. Aus lauter Ehrfurcht vor Ashton wagt er es nicht, das Ballett abzuspecken und der Nymphe den nötigen Speed zu verpassen. Stattdessen huldigt er dem behäbigen Zeitgeschmack.

Die pompöse Ausstattung wirkt lächerlich überladen. Die Bel Epoque träumt sich zurück nach Arkadien. Das Mythologische ist nur Draperie, haarsträubend die Orientalismen. Der lüsterne Jäger, der es auf die keusche Nymphe abgesehen hat, ist ein Pascha mit Islamisten-Bart. An der Deutschen Oper müssen zum Glück nur einige Pfeile fliegen bis zum Happy End. Das beschert uns ein prunkendes Pas de deux von Sylvia und Aminta – und ein blitzendes Solo der verliebten Nymphe. Guck mal, was da hüpft: Auf der Bühne tummeln sich ansonsten Najaden, Musen, Faune und tanzende Ziegen – freilich nicht besonders synchron dargeboten vom Staatsballett. Ashtons elegant-anmutiger Stil schimmert nur kurz durch an diesem Abend.

Deutsche Oper Berlin. Wieder am 1., 4., 14., 22., 25., 30. 5.

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