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AUSGEHEN: Bitternote ohne Wehmut

Josep ist ein stolzer Mann, auf eine Art, die uns immer seltsam fremd bleiben muss. Josep ist Katalane – keineswegs Spanier.

Josep ist ein stolzer Mann, auf eine Art, die uns immer seltsam fremd bleiben muss. Josep ist Katalane – keineswegs Spanier. Sein Beruf als Exportmanager einer erfolgreichen Bodega im Penèdes führt ihn überallhin, wo es Menschen gibt, die guten Wein aus biologischer Produktion schätzen. Doch Joseps solides Selbstbewusstsein trägt schwer daran, dass es mit Barcelona und seiner leuchtenden Umgebung bergab geht. Die wunderbaren Restaurants in kleinsten Dörfern mit ihren stolzen Chefs? Die haben zugemacht oder öffnen nur noch am Wochenende. Viele Freunde haben ihre Jobs verloren. Wollt ihr nicht günstig ein Apartment in Barcelona kaufen?, fragt Josep. Wir trinken noch ein Glas seines „Fanio“ aus uralten Xarel·lo-Reben.

Wenn er das nächste Mal nach Berlin kommt, dann zeigen wir Josep, wo all die jungen Katalanen geblieben sind. Dafür reichen ein paar Schritte um den Görlitzer Park. In der Bar Raval kursiert klassischer Vermut von Yzaguirre mit zarten Bitternoten in Blanco oder Rojo, serviert ohne einen Anflug von Wehmut. In der Kategorie „Szene“ wurde das Raval gerade für die beste spanische Weinkarte in Deutschland gekürt. Schauspieler Daniel Brühl will auch die besten Tapas Berlins in diesem seinem Laden servieren, der den Namen des Teils von Barcelona trägt, in dem die Markthallen liegen. Er ist nicht allein.

An der Mauer zum Park entlang treibt uns der Wind schnell weiter zur Skalitzer Straße und mit einem Stoß unter der Hochbahn hindurch ins Mariona. Da steht ein anderer Josep in der offenen Küche, der Name seines kleinen Restaurants ist der seiner Mutter. Die Karte des Mariona unterliegt der Marktlage – und dem, was Josep aus ihr macht. Mittags Tapas, abends Vorspeisen, drei Hauptgänge und natürlich Crema catalana. Von Depression ist auf den Tellern nichts zu erkennen, im Gegenteil. Pulpo oder Thunfisch, leicht, spielerisch, gekonnt (um 9 Euro). Die kleine Weinkarte ist für Trinker, die nicht lesen wollen, sondern probieren, gut und günstig. Das Mariona lässt einen nicht leicht wieder los: Den Geruch aus Joseps Pfannen nimmt man mit in die Nacht.

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