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Zerkratzt.  Eine iranische Engelserscheinung aus dem 14. Jahrhundert, bei der das Gesicht fehlt.

© Staatsbibliothek Berlin/Preußischer Kulturbesitz

Ausstellung im Pergamonmuseum: Die Illustrierte des Serail

Das Museum für Islamische Kunst zeigt persische Miniaturmalereien aus der Sammlung Diez.

An Selbstbewusstsein hat es dem Universalgelehrten und Diplomaten Heinrich Friedrich Diez (1751-1817) nicht gemangelt. Ein von ihm in Auftrag gegebenes Porträt zeigt den preußischen Gesandten in Konstantinopel mit skeptischem Blick. Zu sehen ist es in der kleinen, aber feinen Ausstellung „Meisterwerke aus dem Serail. Malereien aus den Klebealben des Heinrich Friedrich von Diez“ im Museum für Islamische Kunst. Diese vorwiegend in Alben gesammelten Miniaturmalereien stammen aus dem Iran des 14. und 15. Jahrhunderts und werden nun erstmals in einer eigenen Ausstellung gezeigt. Das Konvolut an erstklassigen Malereien, Skizzen, Handschriften und Büchern gehört zu den bedeutenden Sammlungen der Orientabteilung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz und ist in dieser Qualität nur noch in der Bibliothek des Topkapi Serail in Istanbul zu finden.

Diez, der Beamtensohn aus Bernburg, hatte sich nach einem Jurastudium bei Friedrich dem Großen für eine Gesandtenstelle in Konstantinopel beworben, die er dann auch aufgrund seines Studiums der orientalischen Sprachen bekam. Von 1784 bis 1791 wirkte er dort, allerdings wenig erfolgreich. Nach seiner Abberufung verstärkte Diez den Aufbau seiner Bibliothek und intensivierte seine orientalischen Studien. Dabei legte er sich auch mit den Koryphäen des jungen Fachgebietes an, etwa in dem Band „Unfug und Betrug in der morgenländischen Literatur nebst vielen hundert Proben von der groben Unwissenheit des Herrn von Hammer zu Wien“. Ein streitbarer Geist, aber ein unermüdlicher Sammler, nicht nur von persisch-mongolischer Miniaturmalerei, sondern auch von Heldengeschichten und Poesie. Drei wunderbare großformatige Stiche von Antoine Ignace Melling vermitteln einen ziemlich realistischen Eindruck vom Leben am Hofe in Konstantinopel. Reich verzierte Handschriften und ein prächtiger Atlas nach Piri Reis aus dem 17. Jahrhundert stammen aus der Bibliothek von Diez.

Herausragend in Stil und Themenvielfalt sind die Miniaturmalereien. Die Alben mit den eingeklebten Bildern stammen zum Teil aus dem Topkapi-Palast, dienten dort der Unterhaltung und wurden ihm zum Kauf angeboten. Andere Miniaturen hat er auf dem Basar erworben und dort auch wieder zu neuen Alben binden lassen – eine Art Illustrierte zum Zeitvertreib.

Die Bilder der Sammlung geben Rätsel auf

Mongolische Reiter mit Gefangenen. Recht realistisch hat der iranische Künstler aus dem 1. Viertel des 14. Jahrhunderts die Szene eingefangen, die wahrscheinlich eine Heldengeschichte illustrieren sollte. Wasserfarben auf Papier. Diez A fol. 70, S. 19 Nr. 2
Mongolische Reiter mit Gefangenen. Recht realistisch hat der iranische Künstler aus dem 1. Viertel des 14. Jahrhunderts die Szene eingefangen, die wahrscheinlich eine Heldengeschichte illustrieren sollte. Wasserfarben auf Papier. Diez A fol. 70, S. 19 Nr. 2

© Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz / Fotostelle

Im Buchkabinett des Museums sind nun die restaurierten und in Passepartouts gefassten Motive zu sehen, manche Bilder wurden wieder zu möglichen Albumblättern zusammengefügt, um einen Eindruck des ursprünglichen Erscheinungsbildes zu geben. Da gibt es die fein detaillierte Zeichnung einer Ente, die auf den ersten Blick ostasiatisch im Stil anmutet. Eine Stadtansicht hingegen wirkt so eckig und gerade, dass man sie ins frühe 20. Jahrhundert datieren würde, nicht aber auf Mitte des 15. Jahrhunderts. Eine bunte Flusslandschaft erscheint im chinesischen Stil, das war damals Mode am persischen Hof, erklärt Christoph Rauch, Direktor der Orientabteilung der Staatsbibliothek. Die feine Zeichnung einer „Tazza Farnese“ muss eine europäische Vorlage gehabt haben, die vielleicht als Gastgeschenk an den Hof gelangt ist.

Großformatigere farbige Malereien erzählen von Kämpfen und höfischem Zeremoniell, ja auf einigen wird gefoltert und getötet. Und ein Seemann kopuliert mit einer Äffin, was Folgen hat – Stoff aus ursprünglich indischen Seefahrergeschichten. Die Malereien der Sammlung geben viele Rätsel auf, sie dienten offensichtlich als Illustrationen von Texten, die man aber nicht kennt. Die Digitalisierung des Bestandes könne dabei vielleicht einen Impuls zur Entschlüsselung geben, sagte Rauch. Ein Schatz ist zu entdecken, der in beeindruckender Weise zeigt, wie breit grenz- und kulturüberschreitend das ist, was wir heute islamische Kunst nennen. Rolf Brockschmidt

Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum, bis 1. September

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