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Spirituelle Erfahrung. Der Gouverneur Muhammad Ibrahim raucht Wasserpfeife, um 1675.

©  Museum für Islamische Kunst/Ingrid Geske

Ausstellung „Wein, Tabak & Drogen in indischen Malereien“: Kiffen mit den Göttern

Das Museum für Islamische Kunst zeigt mit der Sonderausstellung „Wein, Tabak & Drogen in indischen Malereien“, wie sich Indiens Elite dem Drogengenuss hingab.

Von Oliver Bilger

Die indische Prinzessin steht entrückt an der Balkonbrüstung und blickt auf das Seepanorama. Über ihr dunkle Wolken und weiße Kraniche. Drei Dienerinnen halten sich abseits, im Mittelpunkt des Bildes aber thront die Huqqa, eine Tonpfeife, ähnlich einer Shisha. Die Prinzessin guckt, als wäre sie gerade mächtig high, während die Dienerinnen sich diskret abwenden. Aus religiöser Sicht war der Konsum von Alkohol, Drogen und Tabak im Indien des 17. bis 19. Jahrhunderts streng untersagt. Zur höfischen Etikette jedoch gehörte er dazu, ja, man wurde schnellstens aus den erlauchten Kreisen verstoßen, reichte man auf Festen keine Rauschmittel.

Die Sonderausstellung „Wein, Tabak & Drogen in indischen Malereien“ erzählt von diesen Festen, Ritualen und Orgien der indischen Oberschicht. In 26 kleinen Bildern, mit gedeckten Farben und Gold auf Papier gemalt, gewährt die Schau im Museum für Islamische Kunst Einblick in das Leben von Opium trinkenden Asketen, indischen Göttern beim Betelverzehr, Sufis im Weinrausch und Gouverneuren mit Wasserpfeifen.

Die Szenen erinnern an Aussteigerkommunen der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Schon 1750 ging es in Indien psychedelisch zu, die Titel der Werke – etwa „Musizierende Dame mit Wasserpfeife bei Mondschein“ oder „Rattenjagd im Opiumrausch“ – lassen darauf schließen. Ganze Orgien kann man beschauen, auf denen magere Männer sich das Mohnextrakt einverleiben, zumeist in Wein aufgelöst. Mit dem Rauchen von Opium begann man erst später. Sonderlich gesund sehen die vor allem männlichen Berauschten auf den Bildern nicht gerade aus, von Nebenwirkungen und Abhängigkeiten ist schon einiges zu sehen. Die Blicke gehen ins Leere, die Gesichter sind manchmal verkrampft, oft entrückt oder apathisch. Hat man es hier etwa mit einer vormodernen Antidrogenaufklärungskampagne zu tun?

Schon damals beklagten muslimische Gelehrte: „Von dem Opium, das der Schenke in den Wein schüttete, verblieb den Zechgenossen weder Verstand noch Turban.“ Auch Ärzte sorgten sich um die adeligen Konsumenten. Mancher Fürstensprössling erlag damals einer Alkoholvergiftung. Der Wein wurde nicht nur aus Trauben, sondern auch aus Datteln, Reis oder Honig gewonnen. Wer besonders wohlhabend war, ließ ihn sich aus Portugal importieren. Auch bei den Mystikern erfreuten sich Wein, Opium und Cannabis großer Beliebtheit, da sie spirituelle Erfahrungen ermöglichten und denjenigen, der sie konsumierte, den Göttern näher brachten.

Neben den Bildern sind in einer Vitrine Rauchutensilien ausgestellt: eine Opiumwaage mit Mohnblumenverzierung, tönerne Weingefäße und Pfeifen. Ein besonders schönes Bild zeigt ein Liebespaar, das sich selig in die Augen schaut und mit kleinen Weinschalen zuprostet. Ob sich die beiden am Morgen danach auch noch mochten?

Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum, bis 22. Juni. Mo–So 10–18 Uhr, Do bis 20 Uhr.

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