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Kultur: Bäume mit Bäuchen

Katrin Pesch und Gunther Reski

Die Dia-Installation „Hudson River Park“, der in New York und Berlin lebenden Whitney Schülerin Katrin Pesch widmet sich einem aktuellen New Yorker Stadtentwicklungsprojekt. In vier Kapiteln werden Erzählstränge aufgebaut und gleich wieder fallen gelassen. Reich an inszenierten Brüchen bleiben Ort, Zeit und Raum nebulös: Diskontinuität ist Programm.

Nicht nur der Hudson River Park wird gezeigt, sondern auch Naherholungsgebiete, Wohnsiedlungen und Fensterausblicke. Der mitlaufende Text entfaltet einen Diskurs über Stadtplanung. Motivation und Identität des Sprechers bleiben jedoch unklar. An den Rändern fransen die Worte aus, in der Mitte überlappen die Ideen. So formiert sich ein Genre der poetischen Theorie, das konzentrisch um die Redefinition des künstlerischen, politischen und privaten Raumes in der Stadt und ihrer Peripherie kreist. In allem steckt eine subtile Stellungnahme zu realer Politik. Doch zuerst erzählt das Bild von der Stadt und ihren Menschen. Prismatisch gebrochen versucht der investigative Duktus gleichzeitig eine Neubestimmung der Basiskoordinaten erzählender Kunst. Wie können Bilder gesellschaftlicher Realität etwas gegenüberstellen?

Die Ordnung der Welt

Die zweite Diainstallation „New York Public Library“ zeigt in einem fotografischen Rundgang, welche symbolischen Formen, welche Mechanismen der Wissensproduktion und nicht zuletzt welche Disziplinierungs- und Kontrollmaßnahmen den administrativen Apparat Bibliothek bestimmen. Die Kamera bewegt sich durch die Räume wie ein Bibliotheksbenutzer und zeigt, wie Schilder die Systematik erklären und Schlagworte die Welt der Texte ordnen. Die lakonische Ästhetik der Lichtbilder ist bemüht, jegliche Inszenierung des Pittoresken und Erhabenen zu vermeiden. In Abgrenzung zu den Gestaltungsprinzipien der Becher-Schule werden originale Beleuchtungssituationen, Ausschnitte und Unschärfen nicht technisch nivelliert, sondern bewusst als Gestaltungsmittel eingesetzt.

Als Gegenpol zu quasi-dokumentarischen Untersuchungen von Katrin Pesch sind die Arbeiten von Gunther Reski mit rein malerischen Mitteln ausgeführt (Preise jeweils auf Anfrage). Doch jenseits der Tatsache, dass hier mit dem Pinsel gearbeitet wird, sind auch seine Arbeiten hybride Grenzformulierungen, die sich zwischen Malerei, Sprache, Schrift und Lyrik bewegen. Das Wandgemälde nach einem Gedicht von Guillaume Apollinaire entfaltet sich in einer dynamisierten Typographieüber die Fläche. Die vielfältigen Schlangenlinien, Überschneidungen und Farbnuancen treiben dabei eine Re-Ikonisierung der Schrift voran, die sowohl die sprachliche Verfasstheit, die phonetische Musikalität als auch die graphische Erscheinung der Schrift neu formatiert.

Das Bild „Baum mit Bauch“ zeigt dann auch zunächst schlicht einen Baum, der einen feisten Bauch hat. Was in der Sprache die Ehe zwischen zwei Wörtern ist und in komplexen Figuren wie der Metapher oder in Sprichwörtern immer neue Sinnzusammenhänge schafft, müssen im Bild die dargestellten Dinge stiften. Hier können die Bäume schwanger sein, um das wiedererkennende Sehen zu verwirren. Reskis Wettstreit zwischen Wörtern und Dingen zeigt: Was Wörter können, kann die Malerei schon lange. Matthias Mühling

Kunstbank, Brunnenstraße 188-190, bis 27. September, Montag bis Freitag 14-18 Uhr.

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