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Kultur: Bella Italia brandenburghese: "Musica Petropolitana" bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci

Gibt es etwas Erhebenderes, als an einem milden Frühsommerabend die Freitreppe zur Orangerie Sanssouci hinaufzusteigen? Statuen grüßen gravitätisch, Efeu rankt, die Palme prangt.

Gibt es etwas Erhebenderes, als an einem milden Frühsommerabend die Freitreppe zur Orangerie Sanssouci hinaufzusteigen? Statuen grüßen gravitätisch, Efeu rankt, die Palme prangt. So haben sich die preußischen Herrscher Arkadien vorgestellt. Von einer Glocke gerufen, strömen die Besucher der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci zum Konzert im Raffaelsaal. Überall hochgestimmte Minen: Wann werden schon alle Sinne auf so angenehme Art angesprochen? Feinste Musik verwöhnt die Ohren, Stein gewordene Italiensehnsucht und goldgerahmten Meisterwerke verlockt die Augen, und die Nase erkennt am angenehm staubig-stickigen Geruch, um was für ein traditionsreiches Gemäuer es sich hier handelt.

"Beziehung Bach" heißt das 2000-er Motto, also haben die fünf Virtuosen der "Musica Petropolitana" Werke des Meisters und seiner Schüler im Gepäck. Nicht ganz so streng wie ihre deutschen Kollegen nähern sich die Petersburger den Werken, gehen mit zartem, beseeltem Klang auf Entdeckungsreise durch die harmonischen Landschaften deutscher Barockmusik - und stoßen auf einen Geheimtip: Johann Gottlieb Goldberg, von dessen Existenz selbst Bach-Verehrer oft nur durch die berühmten Variationen wissen, ein Danziger, der beim Thomaskantor in die Lehre ging, ohne zum Epigonen zu werden. Wie man Goldbergs höchst persönliche, innig-private Sonate für zwei Violinen bis 1975 Bach zuschreiben konnte, bleibt ein Rätsel, wenn man das Werk von zwei sensiblen, wunderbar harmonierenden Interpreten wie Andrej Reshetin und Sergej Filtschenko hört. Wenn die "schönen Stellen" kommen - und davon gibt es viele! - lächeln die beiden so selig wie die Putten auf Raffaels berühmtem Dresdner Madonnen-Bild, das auf scharlachroter Seidentapete hinten rechts im Saal hängt.

Mit der fulminanten Zugabe schließt sich der Kreis: Vivaldis d-Moll Triosonate wird in der stürmisch-mitreißenden Version der Russen zur Demonstration italienischer Selbstdarstellungslust und Lebensfreude. Und draußen umfängt uns die südliche Sommernacht.

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