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Kultur: Berlin hat gewählt: Einen Schritt weiter: In Mecklenburg-Vorpommern regiert seit 1998 eine rot-rote Koalition - und ist doch kein Vorbild

Eindeutige öffentliche Ratschläge für oder gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS hat Harald Ringstorff für seinen Parteifreund Klaus Wowereit nicht parat. Berlin sei nicht Schwerin, die PDS in der Hauptstadt möglicherweise eine andere als die im Nordosten der Bundesrepublik, sagt Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsident, der 1998 als Erster in Deutschland eine Koalition mit den Sozialisten einging.

Eindeutige öffentliche Ratschläge für oder gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS hat Harald Ringstorff für seinen Parteifreund Klaus Wowereit nicht parat. Berlin sei nicht Schwerin, die PDS in der Hauptstadt möglicherweise eine andere als die im Nordosten der Bundesrepublik, sagt Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Ministerpräsident, der 1998 als Erster in Deutschland eine Koalition mit den Sozialisten einging. Berlin brauche aber eine "stabile Regierung" und die SPD deshalb Partner, die bei den bevorstehenden unpopulären Entscheidungen "nicht gleich ins Wackeln kommen", so Ringstorff am Montag in Schwerin.

Zum Thema Online Spezial: Berlin hat gewählt Wahlergebnisse: Direktmandate, Stimmenanteile und Sitzverteilung Foto-Tour: Bilder vom Wahlabend Zufrieden lächelnd verwies er trotz aller angeblicher Ratschlag-Enthaltsamkeit auf die Schweriner PDS, die seit drei Jahren den im Koalitionsvertrag festgezurrten Sparkurs für das Land mitträgt und schon manche soziale Leistung wenn nicht gekürzt, so doch zumindest hat einfrieren lassen. Mit dieser PDS lässt es sich laut Ringstorff so passabel regieren, dass er auch nach der nächsten Landtagswahl im September 2002 mit den Sozialisten am Ruder bleiben will. Alternativen, außer einer Großen Koalition mit der CDU, wird Ministerpräsident Ringstorff wahrscheinlich aber auch nicht haben. Sein Stellvertreter, Bauminister Helmut Holter (PDS), sieht es genauso. Nur die Wähler und die Parteitage müssen noch mitspielen.

"Prima Klima"

Vom "prima Klima", einst von der oppositionellen CDU hänselnd erwähnt, ist nun stets die Rede. Es werde nicht mehr öffentlich gestritten wie zu Zeiten der CDU/SPD-Koalition, sondern sachlich und kompromissbereit hinter den Kulissen diskutiert und "zum Wohle des Landes" sowieso, rühmen sich beide Regierungspartner immer wieder. Allein schon deshalb sei Mecklenburg-Vorpommern aus den bundesweiten Negativ-Schlagzeilen herausgekommen, macht Ringstorff, der am lauten Gepolter in der Großen Koalition vor 1998 nicht ganz unschuldig war, gerne geltend.

Großen Streit gab es zwischen den Koalitionären in der Landeshauptstadt Schwerin bislang nur zweimal. Die PDS musste klein beigeben, als sich die SPD ihren schulpolitischen Vorstellungen gegenüber bockig zeigte. Die Regierungsbeteiligung der PDS an sich schrecke schon Investoren ab, behauptet dagegen die CDU. Belege dafür ist sie jedoch bislang schuldig geblieben. Lothar Wilken, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Mecklenburg-Vorpommern, ist keineswegs einverstanden mit allen Einzelentscheidungen der Landesregierung. Aber "der Untergang des Abendlandes" sei die PDS-Beteiligung für Mecklenburg-Vorpommern, so betont er, keineswegs. Mit distanzierter Anerkennung beobachtet er, wie PDS-Minister Holter inzwischen immer wieder das Unternehmertum lobt und die Notwendigkeit von Gewinnen anerkennt, um Arbeitsplätze schaffen zu können. Es wäre unfair, die ideologischen Scheuklappen aufzubehalten, meint Wilken.

Eigene Duftnote

Aber gerade das selbstgesteckte Ziel, die Arbeitslosenzahl um 20 000 im Vergleich zu 1998 zu senken, wird die SPD/PDS-Regierung kaum schaffen. Da nützt es ihr auch wenig, wenn sie darauf verweist, dass seitdem die Zahl der Arbeitsfördermaßnahmen rasant reduziert wurde.

Viele Entscheidungen der Schweriner Landesregierung wären von SPD-Alleinregierungen oder rot-grünen Bündnissen wahrscheinlich auch getroffen und von der CDU kritisiert worden. Die PDS-eigene Duftnote bekommt die Koalition vor allem durch die Politik der "Aussöhnung". Fast jeder müsse eine zweite Chance bekommen, der willens sei, am Aufbau der neuen Länder mitzuwirken, haben sich Holter und Ringstorff auf die Fahnen geschrieben. Das führte zum Beispiel dazu, dass die SPD eine PDS-Landtagsvizepräsidentin mitwählte, die als SED-Funktionärin enge Kontakte zur Stasi hatte.

Derzeit plagt sich Holter mit einem Referatsleiter, dessen IM-Tätigkeit ruchbar worde. Ob dieser PDS-Freund vor seiner Einstellung ins Ministerium im Januar 2000 Holter hinters Licht geführt hat oder aber Holter dessen früheres Wirken für eine heutige Beschäftigung im öffentlichen Dienst als nicht hinderlich ansah, ist unbekannt.

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