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Der Rapper Ahzumjot.

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Berlin Music Week: Alles an die Wand gefahren: der Rapper Ahzumjot

Der Berliner Rapper Ahzumjot ist für den New Music Award nominiert. Ein Treffen mit dem 24-Jährigen.

Er sähe aus wie der amerikanische Rapstar Kid Cudi, behauptet der Rapper Ahzumjot in einem Song von sich. Ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, klar. Heute jedenfalls, an einem sonnigen Augustmittag im Kreuzberger Wrangelkiez, ähnelt der schlaksige junge Mann ein wenig Jimi Hendrix. Er trägt einen hochgekämmten und mit schwarzem Stirnband drapierten Afro, dazu undefinierbar flippige Klamotten, bei denen man nicht sicher sein kann, ob das nun Second-Hand-Ware oder neuste Designermode ist. Ein Hipster, aber im besten Sinne des Wortes.

Zwar ist der 24-Jährige erst vor einem knappen Jahr von Hamburg nach Berlin gezogen. Trotzdem wurde er jetzt vom Radiosender Fritz als Berliner Kandidat für den New Music Award 2013 nominiert. Der Talentwettbewerb ist eine Gemeinschaftsproduktion junger Radiosender des ARD-Hörfunks und bildet den Abschluss der Berlin Music Week. Ahzumjot ist einer von neun Finalisten, die am 8. September im Berliner Admiralspalast ins Rennen um den mit 10 000 Euro dotierten Förderpreis gehen.

Obwohl sich der für einen Rapper ungewöhnlich bescheiden gebende Ahzumjot nicht in der Favoritenrolle sieht, dürften seine Chancen auf den begehrten Newcomer-Award nicht schlecht stehen. Denn die deutsche Hip-Hop-Branche hat zuletzt eine Reihe unkonventioneller Interpreten wie Materia, Casper oder Cro hervorgebracht, und Ahzumjot gilt als das nächste große Nachwuchstalent in dieser Riege von neuartigen Rapkünstlern. Während grimmiger Straßenrap und Gangsta-Image immer weniger gefragt sind, geht der aktuelle Trend im deutschsprachigen Hip-Hop in Richtung kosmopolitischen Sprech- und Spaßgesang, der sich inhaltlich am Lebensgefühl der mittelständischen Jugend und klanglich an aktueller Popmusik orientiert.

Die Entscheidung, Berufsmusiker zu werden, fällt Ahzumjot, dessen Künstlername sich von seinem bürgerlichen Vornamen Alan Julian ableitet, bereits als Schüler. Mit elf Jahren beginnt er sich für amerikanische Idole wie Eminem zu begeistern, und schreibt erste Reime auf Englisch. Ende 2007 versucht er sich unter dem Pseudonym AJay an einem eigenen Soloalbum auf Deutsch, das er „Wohnzimmercouch“ tauft. Irgendwie bringt er nebenbei auch das Abitur über die Bühne. Im März 2010 folgt das Album „Schlechte Menschen“, das er gemeinsam mit seinem Freund P.R.Z. aufnimmt und als kostenlosen Download ins Internet stellt. Seine frühen Projekte sind noch stark vom amerikanischen und deutschen Battle-Rap geprägt und haben erstaunlich wenig mit Ahzumjots offiziellem Debütalbum „Monty“ zu tun.

Um die CD pressen zu können, lieh sich Ahzumjot Geld von seiner Mutter

Es erscheint im September 2011 und schon das CD-Cover fällt durch eine fürs Rapgenre untypische Farbwahl auf: Ein rosafarbenes Quadrat schmückt die Mitte des Coverfotos. Das nach einem Hund benannte Album entsteht komplett in Eigenregie. Eingespielt und abgemischt wird bei einem Kumpel zu Hause. Während dieser Zeit jobbt Ahzumjot mal als Verkäufer, mal als Model und ist trotzdem meistens abgebrannt. „Ich musste mir 200 Euro von meiner Mutter leihen, um die CD-Pressung bezahlen zu können“, erzählt er und lacht jetzt darüber. Die Tonträger packt er eigenhändig in rosa Geschenkpapier und verschickt sie an die ersten Interessenten.

Klanglich setzt das Album auf minimalistische Elektro-Sounds und atmosphärisch dröhnende Synthesizer. In Ahzumjots Texten spiegeln sich die existenziellen Sorgen eines jungen Menschen, der seinen Traum leben und sich selbst verwirklichen möchte – gegen alle Widerstände. Selbst die gut gelaunten Passagen des Albums vermitteln unterschwellig ein zutiefst melancholisches Lebensgefühl, sind aber trotzdem irgendwie auch tanzbar. Von wilden Feten und Drogenexzessen ist auf „Monty“ allerdings nur distanziert im Präteritum die Rede: „Ganz ehrlich, das war die Party des Jahres. Einmal alles zu nehmen, es gegen eine Wand hier zu fahren.“ Von sich selbst sagt Ahzumjot, dass er „eher nicht so der Partytyp“ sei.

Doch sobald er auf einer Konzertbühne steht, startet er voll durch. „Ich verausgabe mich immer komplett“, sagt er. Letztes Jahr absolvierte Ahzumjot rund 90 Konzerte, tourte als Support für seine Vorbilder Casper, Cro und Rockstah und spielt Ende des Jahres die erste eigene Headliner-Tour. Als besondere Höhepunkte aus dem letzten Jahr sind ihm gemeinsame Gigs mit der Berliner Band Kraftklub im Gedächtnis geblieben, mit der er sich angefreundet hat. Die Kollegen haben den New Music Award übrigens vor drei Jahren gewonnen.

Über seine Chancen am Sonntag urteilt Ahzumjot: „Ich kann nicht sagen, ob das, was wir machen, bei einer Pop-Award-Show wie dem New Music Award ankommt. Ich bin aber absolut davon überzeugt, das unsere Liveshow richtig gut ist und selbst Leute begeistern kann, die mit Hip-Hop wenig anfangen können.“ Wenn es mit dem Award nicht klappt, werde er sich aber auch nicht gleich die Kugel geben. Dazu läuft es gerade viel zu gut für ihn.

Admiralspalast, 8.9., 14 Uhr

Florian Zimmer Amrhein

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