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Kultur: Bilder eines Mauerspringers

Berliner Fotos von Larsson im Münchner "Haus der Kunst"VON KATJA HERTINDer 22jährige Schwede Bernard Larsson hatte gerade in Paris seine erste Stelle als Fotoassistent bei der "Vogue" angetreten, als die Nachricht aus Berlin kam: Mitten durch die Enklave jenseits des "Eisernen Vorhangs" wurde seit dem 13.August 1961 eine Mauer gezogen.

Berliner Fotos von Larsson im Münchner "Haus der Kunst"VON KATJA HERTINDer 22jährige Schwede Bernard Larsson hatte gerade in Paris seine erste Stelle als Fotoassistent bei der "Vogue" angetreten, als die Nachricht aus Berlin kam: Mitten durch die Enklave jenseits des "Eisernen Vorhangs" wurde seit dem 13.August 1961 eine Mauer gezogen.Das Ungeheuerliche dieser Meldung ließ den jungen Fotografen nicht mehr los.Mit seiner Kamera wollte er das Leben in der geteilten Stadt, dem Kristallisationspunkt deutscher Geschichte, dokumentieren.Sicher interessierte ihn auch ein unrühmlicher Ausschitt seiner eigenen Geschichte für die Stadt: Sein Vater, ein schwedischer Ingenieur, hatte in Berlin für die Rüstungsindustrie gearbeitet.Bereits zwei Monate nach dem Mauerbau hatte Bernard Larsson seinen Wohnsitz von Paris nach Berlin verlegt.Er mietete ein kleines Zimmer in Charlottenburg und einen Unterschlupf in der Krausnickstraße in Mitte - mit seinem schwedischen Paß in der Tasche konnte er nach Belieben die Fronten wechseln und überall dort sein, wo es gerade besonders spannend war.Am Sonntag nachmittag fotografierte er an der Mauer, wie die Menschen mit Feldstechern nach bekannten Gesichtern auf der anderen Seite der Grenze Ausschau hielten, am 1.Mai verfolgte er die Massenkundgebungen im Osten wie im Westen.Er war beim Empfang der russischen Botschaft zur Feier der Oktoberrevolution ebenso zu Gast wie bei Diskussionsrunden der Kommune I.Er machte Aufnahmen von Bauarbeitern in Mitte, demonstrierenden Studenten vor dem Schöneberger Rathaus und dem sterbenden Benno Ohnesorg.Bis 1968 blieb Larsson in Berlin.Seine Bilder, die einen einzigartigen Blick auf beide Seiten der geteilten Stadt bieten, haben nicht die Zeitlosigkeit klassischer Kunstfotografien.Sie sind politische Fotos, häufig mit Reportage-Charakter.Der Mauerspringer aus Schweden ist dabei keineswegs ein neutraler, über den Dingen stehender Beobachter.Er ergreift Partei - für wen, das lassen seine Bilder deutlich erkennen.Das Haus der Kunst in München präsentiert Larssons Fotografien aus dem Berlin der 60er Jahre jetzt erstmals in einer größeren Ausstellung (bis zum 12.Juli).

KATJA HERTIN

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