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Boris Becker während eines Matches im Hyatt Grand Champions Stadium.

© Getty Images/Sports Illustrated

Boris Becker zwischen Sieg und Niederlage: Dokumentation über einen Tennisstar auf Abwegen

„Boom! Boom! The World vs. Boris Becker“ bemüht sich um einen Einblick in die Psyche des früheren Tennisstars. Der erste Teil der Apple-Produktion läuft im Rahmen der Berlinale Specials.

Von Andreas Busche

Boris Becker aus der Gegenwart zu betrachten, erscheint im ersten Moment wie eine triste Vorstellung. Das eigentlich Faszinierende ist von den Eskapaden der Vergangenheit längst überlagert, die Erinnerung an den jubelnden 17-Jährigen auf dem Center Court in Wimbledon ist von zu vielen medialen Bildern verdrängt worden.

Der amerikanische Dokumentarfilmer Alex Gibney, der – wenn er sich schon mal Personen des öffentlichen Lebens vornimmt – eher Kaliber wie den russischen Oligarchen Mikhail Khodorkovsky oder Steve Jobs porträtiert, schlägt in seinem zweiteiligen Dokumentarfilm „Boom! Boom! The World vs. Boris Becker“ darum vor, auf die Karriere des Tennisstars nicht-chronologisch zu blicken, möchte man den tiefen Fall des „Leimeners“ verstehen.

Im Rahmen der Berlinale Specials läuft nun der erste Teil der Apple-Produktion, und man hat am Schluss das Gefühl, Becker vielleicht immer noch nicht ganz zu verstehen, aber zumindest ein paar Anhaltspunkte erhalten zu haben.

Einblick in die Psyche Boris Beckers

Gibney, der Becker zwei Mal getroffen hat (2019 zu Beginn seines Verfahrens in London wegen Steuerhinterziehung sowie drei Tage vor seiner Verurteilung am 29. April 2022) und den Voiceover-Kommentar einspricht, suggeriert wenigstens einen Einblick in die Psyche Beckers, die mit dem Cliffhanger des ersten Teils, als Becker 1991 erstmals auf Platz eins der Weltrangliste vorrückt, schon ganz erhellend umrissen ist, ohne allzu küchenpsychologisch zu klingen.

Einmal steht der ältere, aber nicht unbedingt weisere Becker vor dem berühmten Wimbledon-Spruch, entliehen von Rudyard Kipling, der sich natürlich auch perfekt auf das Leben des gefallenen Tennisstars anwenden lässt: „Wenn du mit Sieg und Niederlage umgehen kannst / Und diese beiden Blender gleich behandeln kannst.“

Ein Funke des früheren Charismas

Die Frage, wie Becker die härtesten mentalen Prüfungen auf dem Tennisplatz bestehen konnte, aber an den eher alltäglichen Aufgaben des Lebens so grandios scheitern konnte, umkreist der Film wieder und wieder, kontrastiert mit ähnlich hochbegabten Tennis-Größen wie John McEnroe und Björn Borg.

Nur, um nochmal daran zu erinnern, in welcher Liga Becker spielte. Ein alter Beitrag aus den 1980ern, der in „Boom! Boom!“ zitiert wird, legt die Messlatte noch einmal höher: auf Niveau von Madonna und Michael Jackson, den größten Popstars seiner Zeit.

Sein früherer Trainer Ion Tiriac vergleicht Becker gegenüber Gibney mal mit einem Kind. Der Regisseur wiederum fühlt sich eher an den Entfesselungskünstler Houdini erinnert, der nur in Extremsituationen, an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit, funktionierte.

Zumindest im ersten Teil hält „Boom! Boom!“ sich vom Gossip fern. In den Interviews fühlt man sich auch wieder an Beckers Charisma erinnert, für das die Briten Jahre später auch den TV-Experten Becker zu schätzen gelernt haben.

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