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Kultur: Boomtschaka, boomtschaka

THEATER

Schon im Treppenflur, bevor die Vorstellung beginnt, türkische Besucher in weiten Jeans: „Ey, Alter, krass weiße Wände! Hast du Edding?“ Genauso redet Ayhan Sönmez im Stück 36 Street , das die Spreebühne im Theater Zerbrochene Fenster zeigt (wieder heute, am 8., 11., 15., 18. und 22. 12.). Anekdotisch erzählt er von der Karriere eines Kleinkriminellen in Kreuzberg: Auf dem Schulhof, im Schwimmbad, auf der Straße – überall scheinen sich die Menschen freiwillig als Opfer anzubieten und wollen bestohlen, beraubt, geschlagen werden. Der Nachwuchsschauspieler ist in der Rolle des Kiez-Gangsters mal selbstironisch, mal ernst und immer authentisch.

Eine Schlägerei wird komplett auf Türkisch geschildert, aber Sönmez ist gestisch so stark, dass Deutsche plötzlich Türkisch verstehen. Zwischen den Episoden doziert der Rapper FUAT in türkischem Sprechgesang vom Leben auf der Straße. Begleitet wird er vom Beatboxer BeeLow, der das Mikrofon gegen seinen Mund presst und die „Booms“ und „Tschaks“ des Beats beisteuert. Schade nur, dass die beiden nicht in die Handlung eingebunden sind. So wirkt es, als versuche der Regisseur Volker Mayer-Dabisch, dem Stück dadurch mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen, dass er die Straße in Gestalt der urbanen Poeten auf die Bühne holt. Doch Rap und Theater kommen nicht recht zusammen. Zwar zählt im Hip-Hop die Geste und das Deklamieren. Doch Theater muss hinter die Pose blicken. FUAT baut immer wieder das Pathos auf, das die Geschichten mühevoll zerlegen wollen. Sönmez malt währenddessen ein Graffiti an die Wand – allerdings mit Kreide. Das lässt sich abwaschen.

Daniel Völzke

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