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Kultur: Botschafterin des Balletts

Zum Tod von Konstanze Vernon.

Von Sandra Luzina

„Ich empfinde Ballett als eine der wunderbarsten Künste, die man sich vorstellen kann. Aber es ist schwer, dabei zur Perfektion zu kommen, denn erst wenn man über den Bogen des Gelernten wieder zurück zur Natürlichkeit findet, dann ist es schön.“ So äußerte sich Konstanze Vernon einmal im Interview. Als Primaballerina hat sie dieses Ideal selbst verkörpert, als leidenschaftliche Pädagogin hat sie es weitergegeben. Am Montag ist sie nach kurzer schwerer Krankheit in München gestorben, sie wurde 74 Jahre alt. „Mit Konstanze Vernon verlieren wir eine der wichtigsten Persönlichkeiten der deutschen Tanzszene, die auch international höchstes Ansehen genoss“, sagte Ivan Liska, ihr Nachfolger in der Leitung des Bayerischen Staatsballetts. „Ihrem Vornamen treu hat sie seit ihrer Ankunft in München die Ballettwelt durch ausdauernde Begabung und Willenskraft in Bewunderung versetzt.“

Geboren wurde Vernon 1939 in Berlin als Konstanze Herzfeld. Die Tochter eines Dirigenten und einer Sängerin nahm mit sechs Jahren Ballettunterricht bei der russischen Pädagogin Tatjana Gsovsky, mit 14 Jahren wurde sie Mitglied des Berliner Balletts und mit 17 dessen jüngste Solistin. Heinz Rosen holte sie 1963 an die Bayerische Staatsoper, wo sie 18 Jahre lang Primaballerina war. Ihre Paraderollen: die Giselle in dem gleichnamigen romantischen Ballett und die Tatjana in John Crankos „Onegin“. Eine wichtige Rollenkreation war zudem die gemarterte „Beatrice Cenci“ in Gerhard Bohners berühmten Handlungsballett. Sie und ihr Tanzpartner Heinz Bosl verkörperten das Traumpaar der Münchner Staatsoper. Nach Bosl, der mit 28 Jahren starb, benannte sie die von ihr gegründete Ballettstiftung, deren Vorstandsvorsitzende sie bis zuletzt war.

Nach dem Ende der aktiven Karriere wurde Vernon zur flammenden Botschafterin des Balletts. Sie müsse etwas für den Tanz tun, erklärte sie, denn der sei gesellschaftlich immer noch Stiefkind. Sie erkannte, dass etwas im Argen lag, wollte es nicht länger hinnehmen, dass das Ballett am Gängelband der Opernintendanten hing. Mit kulturpolitischem Geschick erkämpfte sie die Unabhängigkeit des Münchner Balletts. Zehn Jahre lang war sie Direktorin des Bayrischen Staatsballetts, bis heute eines der glanzvollsten deutschen Ensembles. Mit Gründung der Junior Company (Bayerisches Staatsballett II) konnte sie sich mit 71 Jahren noch einen lang gehegten Traum erfüllen. „Ich habe meinen Beruf immer geliebt“, sagte sie rückblickend. Die Ballettkultur in Deutschland hat sie geprägt wie keine andere. Sandra Luzina

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