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Kultur: Braune Drohung

THEATER

Wie geht’s eigentlich bei Familie Kafka am Mittagstisch zu? Solange der Hausherr nicht da ist, tanzen die Kinder auf dem Tisch, schnurren wie Katzen, necken die Haushälterin. Sobald Papa Kafka (Johannes Achtelik) erscheint, ist geradezu militärische Disziplin gefragt, denn er duldet kein Geräusch außer Suppelöffeln, schließlich arbeitet ein Mensch wie er isst, und wenn der kränkliche Franz nicht Essen mag, ist es kein Wunder, dass aus dem Bub nichts wird. Nach dieser Suppe verstehen wir, warum aus Franz später der Schriftsteller wird, der diese extrem kafkaesken Texte schreibt.

Aber dem polnischen Dramatiker Tadeusz Rózewicz geht es in Die Falle nicht nur um die Kafkas. Das Stück untersucht, wie sich in der Familientragödie zu Beginn des Jahrhunderts bereits Anzeichen für die heranziehende nationalsozialistische Schreckensherrschaft erkennen lassen. Während Franz Kafka (1883-1924) die Nazis selbst nicht mehr erlebte, wurde seine deutsch-jüdische Familie in Auschwitz ermordet.

Kein leichter Stoff also, dessen sich das vorwiegend mit deutschen, polnischen und tschechischen Schauspielschülern besetzte Ensemble in der Inszenierung von Ekkehardt Emig annimmt. Dennoch entsteht in der Schillertheater-Werkstatt kein tonnenschweres Mahnmal. Das verhindert die große Spielfreude, etwa, wenn der von alltäglichen Dingen völlig überforderte Franz (David Engelmann) mit seiner Verlobten Felice (Katja Rosin) versucht, Möbel zu kaufen. Oder der Schuster (Ali Hamade) sich müht, zu begreifen, was dieser Max (Martin Laubisch) von ihm will, der umständlich versucht, in Franz’ Auftrag um dessen Tochter zu werben. Die Musik von Daniel Ott, der mit den Darstellern deutsche, polnische und tschechische Volkslieder frisch vertont hat, bindet die Episoden zusammen. Die Aufführungen im Oktober sind ausverkauft. Im Januar gastiert die von der Berliner Schule für Schauspiel initiierte Produktion im brandenburgischen Niedergörsdorf, bevor sie über Breslau und Prag im April nach Deutschland zurückkehrt. Dann zeigt das Ensemble den Berlinern wieder, wie es bei Kafkas unterm Sofa zugeht.

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