zum Hauptinhalt
Alfred Brendel (l.) und Konzerthausintendant Sebastian Nordmann.

© null

Brendel-Hommage: So poetisch kann Disziplin sein

Das Konzerthausorchester und Martin Helmchen eröffnen die zehntätige Hommage an den Pianisten Alfred Brendel mit Schubert, Beethoven und einer furiosen Ouvertüre von Ferdinand Ries.

Erste Reihe Mitte? I wo. Wenn Konzerthausintendant Sebastian Nordmann eine zehntägige Hommage für Alfred Brendel eröffnet, dann sitzt der so Geehrte nicht prominent ganz vorne, sondern oben im Rang, hintere Reihe, und winkt. Im Mittelpunkt stand der oft genug. Eine Zurücknahme, die etwas Sympathisches ausstrahlt, wie diese ganze Hommage, die sich nicht an einem Jubiläum orientiert, sondern den „krummen“ 86. Geburtstag von Brendel zum Anlass nimmt. Man soll die Feste feiern, wie sie fallen.

Und das Konzerthausorchester feiert. Mit prächtig-furiosem Klang, ungemein sauber intonierenden Streichern und Bläsern und einer hochdramatischen Stürmer-und Dränger-Attitüde. Auf dem Programm: die Ouvertüre zur Schillers „Die Braut von Messina“ von Ferdinand Ries. Die Musikgeschichte hat es nicht gut gemeint mit dem Werk des Beethoven-Schülers, der auch aus Bonn stammt und dessen Vater mit Beethovens Familie befreundet war. Viel ist nicht geblieben von seinem Werk, aber die „Messina“-Ouvertüre macht zumindest neugierig auf Ries’ Sinfonien. Ein Theaterstück oder gar eine Oper sollte sie trotz ihres Namens nie einleiten, sie ist als selbstständiges Konzertstück gedacht. Und funktioniert entsprechend autonom, will weniger die Ereignisse in Schillers Stück klangmalerisch nachzeichnen, sondern generell eine Atmosphäre setzen. Dirigent Jan Willem de Vriend greift zur seltenen deutschen Aufstellung, mit den ersten Geigen links, den zweiten rechts, den tiefen Streichern in der Mitte und aufgespaltenem Blech. Keine Witze mit Namen, aber: de Vriend (könnte man übersetzen mit „der Freund“) versteht sich tatsächlich bestens mit dem Orchester. Und kriegt es hin, einerseits strikten Rhythmus und Sonatenhauptsatzklarheit einzufordern, andererseits frei fließende poetische Impulse zu setzen.

Funkelndes Klanggewand

Auch noch in Schuberts erster Sinfonie. Die Zeit ist zum Glück vorbei, in der nur die Unvollendete und die Große C-Dur-Sinfonie als vollgültig galten, die „kleinen“ Sinfonien dagegen belächelt wurden. Mit 16 beherrscht Schubert hier schon voll und ganz die klassische Ausdruckssprache, verwandelt sie in sein eigenes Idiom. Und selbst die streckenweise etwas vorhersehbare musikalische Struktur des Scherzos klingt alles andere als langweilig, wenn man ihr ein so funkelndes Klanggewand überwirft. Emphatisch arbeitet das Orchester die gezackten Figurationen des Allegro-vivace-Finalsatzes heraus. Das Uhrwerksmäßige hat hier so gar nichts Mechanisches an sich. Sondern stellt den Puls des Lebens dar.

Es ist der Höhepunkt des Abends. Denn nach der Pause finden Martin Helmchen und das Orchester in Beethovens 4. Klavierkonzert nicht richtig zueinander. Das liegt vielleicht auch am Werk selbst, das den Solisten auf fast chopinsche Weise aufs Tablett hebt und das Orchester an den Rand drängt. Trotzdem ist es schade, wie beide aneinander vorbeispielen. Die Musiker betonen eher den entrückten, nach innen gekehrten, zweifelnden Beethoven, während Helmchen jegliche Zweifel fremd sind. Vollgriffig, viril, virtuos ist sein Anschlag, aber es ist eine vordergründige, ausgestellte Brillanz, Ergebnis eines Nicht-Aufeinanderhörens. Als Solist mag Martin Helmchen glänzen, ein Teamplayer ist er an diesem Abend nicht.

„Hommage an Alfred Brendel“, Konzerthaus am Gendarmenmarkt, noch bis 7. Mai,www.konzerthaus.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false