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AUSGEHEN: Bringt bitte nichts mit!

Es gab eine Zeit – für den Endzwanziger liegt sie noch nicht so weit zurück –, da kamen die Leute zu Mitbring-Partys verschämt mit einer Flasche Dornfelder und ein paar Crackern. Sie waren arme Studenten.

Es gab eine Zeit – für den Endzwanziger liegt sie noch nicht so weit zurück –, da kamen die Leute zu Mitbring-Partys verschämt mit einer Flasche Dornfelder und ein paar Crackern. Sie waren arme Studenten. Dass sie, einmal angekommen, binnen kürzester Zeit gewaltige Mengen des von der veranstaltenden WG bereitgestellten „Basis-Biers“ und den kompletten Nudelsalat vernichtet hatten, mochte man ihnen nicht übelnehmen.

Aus dieser Zeit rührt der Gastgeber-Reflex, unmittelbar vor Partys alle noch einmal zu ermahnen, ja schön was mitzubringen. Da kann man selbst noch so vorgesorgt haben mit Kisten, Kästen und Kartoffelsalat – spätestens zwei Tage vor dem Fest schleicht sich das fiese „Wie peinlich wäre es denn, wenn’s doch nicht reicht?“ in den Stirnlappen, und eine Stimme mahnt: „Zieh deine Gäste mit in die Verantwortung! Dann bist du wenigstens nicht alleine schuld, wenn ihr um ein Uhr früh hungrig auf dem Trockenen sitzt!“ Und schon schreibt man „Eine letzte Mail“: „Denkt bitte daran ...“

Das ist nicht nur stillos, sondern auch dämlich, mehr noch: Angesichts eines Bekanntenkreises, der inzwischen meist mehr Geld umsetzt als 250 Euro im Monat, zerstört diese Haltung das party- und kneipenkulturelle Leben des Gastgebers nachhaltig. Denn: Wer am Morgen danach nicht allein mit dem bekannten Gefühl, nie wieder Alkohol trinken zu wollen, erwacht, sondern auch mit sieben Flaschen Gin (statt drei selbst eingekauften) und fünf Flaschen Wodka (statt keiner) und Biervorräten, die lediglich als leicht angeschmolzen zu bezeichnen sind, der scheidet auf Monate aus dem öffentlichen Leben der Stadt. Jedwedes „Wollen wir uns mal auf ein Getränk treffen?“ wird mit „Ja, aber bei uns, wir haben noch so viel“ gekontert. Schon rechnet man durch, ob ein eigener „Sky“-Anschluss nicht günstiger ist als die drei Biere pro Spiel in der Fußballkneipe – es ist wirklich ein Kreuz!

Was also tun? Eine Lebensmittelspende an den Lieblings-„Motz“-Verkäufer scheint hier ebenso wenig angeraten wie der Bierkasten als Mitbringsel für eine andere Party. Denn deren Gastgeber sind inzwischen offenbar alle klug genug, keine Getränkespenden mehr einzufordern – da will man auch nichts aufdrängen. Dann doch lieber ein großes Restetrinken. Und vorher eine Mail: „Bringt zur Sicherheit noch was mit – falls wir dafür dann doch zu wenig haben ...“

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