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Wortkonzert: Band & Bande

Nikolas Stemann zeigt beim Theatertreffen „Die Räuber“ - frei nach Schiller. Die klassisch-kabarettistische Inszenierung gerät allerdings bald vorhersehbar und austauschbar.

Vier junge Frontmänner reden und schreien, hauchen und fauchen ein Stück als epischen Rap an der Rampe. Mal ist es der vierfache Franz (die Kanaille, das böse Kind), mal ist es der vierfache Karl mitsamt seiner Räuberbande (der Rebell, der gute Bruder), und diese vier Moor-Buben aus dem Hause Jungschiller könnten so auch gleich Peter Handkes "Publikumsbeschimpfung“ beginnen. Das war vor gut 40 Jahren PH’s genialische Erfindung: jeder Satz ein Beat, jede Figur ein Chor – und die Schauspieler eine Popband und ihr Text die Musik.

Nicolas Stemann, der laut Programmheft immer davon geträumt hat, einmal "einen klassischen Text in Form eines Wortkonzerts auf die Bühne zu bringen“, stellt Handkes Programm nun nach. Er nimmt dafür aber Schiller und dessen 230-jährige "Räuber“, schreibt indes nur "nach Schiller“ drüber. Das ist fein und fair, obwohl Stemann bei seiner nun zum Theatertreffen eingeladenen Inszenierung aus dem Hamburger Thalia Theater viel mehr Ursätze benutzt hat als manch anderer, der das Original-Etikett auf ein paar Bruchstücke klebt.

So nimmt die Performance sich ihre Freiheit aus gutem eigenen Theaterrecht und wirkt anfangs auch so gewitzt wie witzig. Die multiplen Franz-Männer sind die Bad Four, mit Pullundern aus jenen Zeiten, da Handke und jene 68er reüssierten, deren Mode sich auf alten Fotos mittlerweile auch ziemlich spießig (wenn nicht schon wieder: retrogeil) ausnimmt. Dazwischen schlurfen als Rokokogespenster aus der Moor’schen Vater-Sphäre die älteren Thalia-Spieler Christoph Bantzer, Peter Maertens und Katharina Matz durch den meist nächtlich leeren, nur mal durch Stehlämpchen oder neckische Videos belebten Raum. Von der agilen jungen Moor-Band (und Bande: Philipp Hochmair, Daniel Hoevels, Felix Knopp, Alexander Simon) wird zudem noch mit Schlagzeug und E-Gitarren ein bisschen deutschgerockt. Doch das sind kurze Nummern. Wie Zitate. Wie Theater aus dritter Hand.

In ihrem Mix aus klassisch und kabarettistisch, aus rotzig oder romantisch (Maren Eggerts Amalia) wird die Inszenierung bald zu vorhersehbar, austauschbar. Es ist eine halb distanzierte, halb intensive Nacherzählung. Nach Schiller. Den weit stärkeren Abend über Revolte, Familie und schillernde Reflexionen hatte Stemann auf dem Theatertreffen schon vor zwei Jahren mit "Ulrike Maria Stuart“ (nach Jelinek) gezeigt. Peter von Becker

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