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Technoballett: Nadja Saidakova bei Spielzeit Europa

Die Tänzer bewegen sich wie steife Roboter. Das hat aber nichts mit den rasanten diskontinuierlichen Moves zu tun, die man vom Breakdance kennt. Schlimmer: Saidakova setzt die Schritte genau zu den Beats der Musik – was unbedarft wirkt.

Von Sandra Luzina

Am Ende dieses sehr kurzen Abends wäre man am liebsten im Dreieck gesprungen – aus lauter Fassungslosigkeit. Bei der „Spielzeit Europa“ dreht sich dieses Jahr fast alles um Tanz, und die künstlerische Leiterin Brigitte Fürle wollte nun einmal ein Berliner Talent aus dem Hut zaubern. Nach Sasha Waltz und vor Michael Clark und Pina Bausch präsentiert sie Nadja Saidakova. Wer in so einer illustren Reihe auftritt, muss mindestens der neue William Forsythe sein. Die Russin, Erste Solistin des Staatsballetts, ist gewiss eine wundervolle Tänzerin, so sensibel wie kraftvoll. Bei „Shut up and dance!“, dem Forum für junge Choreografen des Staatsballetts, trat sie bereits in Erscheinung. Für die „Spielzeit Europa“ hat sie ihre erste abendfüllende Choreografie kreiert – ein Debakel. Die Ballerinen Beatrice Knop, Elisa Carrillo Cabrera und Elena Pris tragen knappe, neonfarbene Trikots, die die Brust freilassen – die dann aber mit hautfarbenem Lycra bedeckt ist. Was erst recht prüde aussieht.

Die neun Akteure vom Staatsballett sind tolle Tänzer. Doch sie machen den Eindruck, als wüssten sie nicht, was sie tun – und warum. Die Musik des britischen Techno-Produzenten Luke Slater wirkt wie ein fader Aufguss, weder stahlhart noch trance-selig. Nun sieht auch das kulturinteressierte Publikum der Berliner Festspiele nicht so aus, als würde es regelmäßig das Berghain besuchen. Ballett, Techno, Berliner Festspiele – eine merkwürdige Kombination.

Beim ersten Wummern bewegen die Tänzer sich wie steife Roboter. Das hat aber nichts mit den rasanten diskontinuierlichen Moves zu tun, die man vom Breakdance kennt. Schlimmer: Saidakova setzt die Schritte genau zu den Beats der Musik – was unbedarft wirkt. Michael Banzhaf wird als Erster angezogen von dem angestrahlten Objekt aus Metallrohren. Es soll sowohl ein magisches wie ein erotisches Dreieck sein, das Lena Lukjanova (Bühne, Kostüme, Licht) da entworfen hat. Hochgezogen an einem Drahtseil, dreht es sich auf einer Spitze wie ein Segel – und reißt die Tänzer mit für einen kurzen Flug und Rausch. Es dient als Turngerät und als Ballettstange, an der die Damen ihre gekippten Arabesques ausführen. Die langbeinigen Schönheiten müssen sich verbiegen bis zum Anschlag, und Saidakova fallen nur Manierismen auf Spitze ein. Zudem reiht sie Turn-Kunststückchen aneinander, angestrengt und gewollt sexy.

Wer klassisch geschulte Tänzer sehen will, die sich zu Popmusik bewegen können, sollte nächstes Wochenende zu Michael Clark gehen – ebenfalls bei der „Spielzeit Europa“. Sandra Luzina

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