zum Hauptinhalt

Kultur: Bus, Gangster und Videodreh

Ein Benz fehlt, der um brennende Öltonnen kurvt.Irgendwie hat die Regisseurin Millicent Shelton den vergessen, als sie für ihren ersten Kinofilm "Abgefahren" die Liste mit Klischees zur Rap- und Hip-Hop-Szene durchging.

Ein Benz fehlt, der um brennende Öltonnen kurvt.Irgendwie hat die Regisseurin Millicent Shelton den vergessen, als sie für ihren ersten Kinofilm "Abgefahren" die Liste mit Klischees zur Rap- und Hip-Hop-Szene durchging.Gangster und Geld? Abgehakt.Problematische Kindheit und Ghettoflair? Dabei.Schmutzige Sprache und schöne Frauen? Yo, man.Aber eben kein Benz.Dafür ein alter klappriger Bus.

Mit dem soll die Nachwuchsfilmemacherin Leta Evans (Melissa de Sousa) eine Horde sogenannter Musik-Talente von Harlem nach Miami bringen, wo ein Hip-Hop-Star Staffage für einen Video-Dreh braucht.Auf den Weg machen sich Abziehbilder: ein Casanova, ein Rotzlöffel, ein Püppchen, eine ungewollt Schwangere.Dazu ein weißer Junge, der wegen der Vibrations nicht wahrhaben will, daß er weiß ist.Und ein Besonnenner, der in jeder freien Minute liest.Für 28 Stunden sitzen sie alle in einem Bus, auf dem Weg zu ihrer großen Chance.Das schweißt sie so sehr zusammen, daß über Nacht aus Rivalinnen Kolleginnen werden, aus streitenden versöhnte Brüder und aus naiven Mädchen emanzipierte Frauen.

Charaktere können aus diesen Klischees nicht entstehen, dafür hat "Abgefahren" zu wenig Handlung.Und zu wenig Text.Ohne die Fäkalausdrücke, Flüche und Floskeln würde das Skript problemlos auf eine Serviette passen.Melissa de Sousa beschränkt sich darauf, gut auszusehen, tut das allerdings gekonnt.Witz haben in diesem Film, der als Komödie verkauft wird, nur die beiden Busfahrer Roscoe und Joe, gespielt von den Stand-Up-Comedians John Witherspoon und Cedric the Entertainer.Interessant ist dafür das Aufgebot an US-Rappern und Hip-Hoppern.Luther "Luke" Campbell von der berüchtigten "2 Live Crew" spielt den Hip-Hop-Star, Fredro Starr und Sticky Fingaz von "Onyx", The Lady of Rage, Ed Lover, Dr.Dre sowie Snoop Doggy Dogg treten in mehr oder weniger nebensächlichen Rollen auf.

Millicent Shelton drehte "Abgefahren" nach einer wirklichen Begebenheit, sie selbst mußte einmal eine Statistengruppe von Harlem nach Florida bringen.Vor ihrem Kinoerstling war sie als Regisseurin von Musikvideos erfolgreich und arbeitete unter anderem mit Salt-N-Pepa, R.Kelly und MC Lyte zusammen.Vielleicht denkt sie ja an den Benz, wenn sie ihr nächstes Video dreht.Und an die Öltonnen.

Cinestar Hellersdorf, Filmbühne Wien, Kant, Kinowelt Spreehöfe, Kosmos

DIRK SCHÖNLEBE

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false