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Kultur: Bussi-Gesellschaft

Stefan Maria Rother fotografiert die Kunstszene

Es ist ein Buch für Insider und Voyeure. Für die, die selbstverständlich dazugehören und sich automatisch erst einmal selbst auf den bunten Bildern des fröhlichen Kunstpartylebens suchen, die der Berliner Fotograf Stefan Maria Rother gesammelt hat. Und für die, die liebend gern dabei gewesen wären.

Dabei, wenn Galeristin Giti Nourbakhsch tief dekolletiert und maskiert zum Geburtstagsfest von Julia Siepmann im „Cookies“ erscheint und Sammler Stephan Landwehr den Galeristen Michael Fuchs umarmt. Wenn der Maler Jonathan Meese die Welt erklärt, Martin Creed mit seiner Band aufspielt und das Künstlerpaar André Butzer und Maja Körner in den Osram-Höfen zum Hochzeitswalzer antritt. Ob Paris Bar oder Clärchens Ballhaus, ob Gallery Weekend oder Art Forum, in Rothers Blick erscheint das Berliner Kunstleben als einzige Folge von Partys, Vernissagen, gesetzten Essen. Viele geleerte Gläser, manche durchschwitze Hemden, selten nur Zigaretten und natürlich immer gute Laune, ein einziges großes Lachen, auf allen Bildern.

Alles gute Freunde: Rothers Fotos schaffen die lockere Atmosphäre eines Familienalbums, bei dem jeglicher Fehltritt tolerant dokumentiert wird. Dass nicht alles so harmonisch ist wie vorgegeben, erkennt man nur manchmal: an dem kritischen Blick, den Galerist Judy Lübke in die Kamera wirft oder dem Stinkefinger, den Martin Eder dem Fotografen zeigt. Und daran, wer fehlt oder nie zusammen zu sehen ist. Magazin-Fotograf Rother, selbst Sammler und seit 2005 steter Dokumentarist der Szene, hat nur die glänzenden Seiten der Berliner Kunstwelt eingefangen, den inner circle. Das, was alle Welt zu Art Forum, Gallery Weekend oder Kunstherbst nach Berlin zieht, die lebendige Kunstszene in Mitte, die mindestens so sehr Bussi-Gesellschaft wie Börse ist – und die bei aller fiebriger Partystimmung auch etwas von schillernder Blase, von Tanz auf dem Vulkan hat, bis die Szene wieder weiterzieht. „Für die Kunst“ hat Rother als Widmung seinem Fotobuch vorangestellt. Passender wäre „Für den Markt“. Christina Tilmann

Berlin Art Nr. 1,, edition rotor, Berlin 2007, 146 Seiten, 25 Euro.

Christina Tilmann

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