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Manche mögen's leger. Ingo Metzmacher leitet die "Casual Concerts".

© Doris Spiekermann-Klaas

Casual Concert des DSO: Alpines Gedränge

Trotz Sommerausbruchs draußen besuchen zahlreiche Menschen das Deutsche Symphonie-Orchester in der Philharmonie. Freie Platzwahl und Labberbrezeln sorgen dort für eine rustikale Atmosphäre.

Da staunt er, der Dirigent. Trotz des ersten Sommerausbruchs in der Stadt füllt sich die Philharmonie rasant zum letzten Casual Concert des Deutschen Symphonie-Orchesters in dieser Saison. Die freie Platzwahl sorgt für eine rustikale Atmosphäre vor den noch geschlossenen Saaltüren; als sie sich endlich öffnen, ergießen sich die Suchenden wie ein großer Schwall über die Terrassen des Scharounbaus. Ingo Metzmacher, der das Konzertformat während seiner Zeit als DSO-Chef 2007 eingeführt und seitdem ein Dutzend der legeren Programme moderiert und dirigiert hat, versucht das Phänomen zu erklären: „Muss wohl am Wetter liegen.“ Ja, es wären wirklich optimale Bedingungen für einen Bergaufstieg, wie ihn Richard Strauss in seiner „Alpensymphonie“ komponiert hat – während er komfortabel im Flachland des Berliner Westends residierte.

Metzmacher am Mikro gesteht seine Vorliebe für die Bestimmung von Tonarten und ihrer Entfernung voneinander im Quintenzirkel. Unweigerlich erinnert das an die Gedichtanalyse im Deutschunterricht, bei der zwar das Versmaß dingfest gemacht wurde, seine Funktion aber im Verborgenen blieb. So zieht man denn los bei Sonnenaufgang in A-Dur und muss den ersten Anstieg in Es-Dur bewältigen. Metzmacher zeigt immer wieder Schönheiten und Absonderlichkeiten am Wegesrand, die Vision hinter dem Wasserfall, die Stille vor dem Sturm, den Ausklang, der sich unter Orgelklängen ins All verströmt. Das könne mit Nietzsche zu tun haben, meint Metzmacher, den habe er nachmittags noch gelesen, wie Strauss seinerzeit. Nur der Buchtitel falle ihm grad nicht ein. War ja auch heiß draußen.

Gar nicht casual: das Catering

Schließlich rauscht das DSO noch einmal durch die ganze „Alpensymphonie“, kraftvoll und klar, mit beiden Beinen fest im Diesseits wurzelnd. Danach übernimmt die Jazz-Funk-Formation Mo’ Blow im Foyer, ohne das leiseste Echo auf Strauss. Das Fender Rhodes wird mit den Unterarmen traktiert, während der Rhythmus stoisch stapft und das Saxofon vor sich hinfrotzelt. Ganz und gar nicht casual ist das Catering, das zwar Opas Schnittchen mal beiseitegeräumt hat, aber als coole Stärkung nur Labberbrezeln zu öden und reichlich teuren Getränken anbietet. Wer mit Kultur im Bunde sein will, muss jedoch auch seinen Anteil an einer heiteren Geschmacksbildung übernehmen.

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