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Die Cellistin Sol Gabetta.

© Uwe Arens

Cecilia Bartoli und Sol Gabetta: Leidenschaft in der Höhe

Gespür für vergessene Meisterwerke: Opernsängerin Cecilia Bartoli und Cellistin Sol Gabetta spielen Caldara, Albinoni und Gabrielli in der Berliner Philharmonie.

Als ein Zuschauer noch vor der letzten instrumentalen Passage in die Händel-Arie „Lascia la spina“ mit einem Bravo-Ruf hineinplatzt, lächelt Cecilia Bartoli huldvoll verzeihend. Und tatsächlich ist die Italienerin ja eine Königin des Gesangs. Man könnte allenfalls einwenden, dass ihre Stimme in der Höhe nicht aufblüht und genau genommen nur über eine einzige, die unverwechselbare Bartoli-Farbe verfügt. Aber ihre Atemtechnik ist in der gesamten Geschichte des Gesangs wahrscheinlich unübertroffen. Sie ermöglicht der Sängerin auch in ihrem dritten Karriere-Jahrzehnt die makellose Feinzeichnung von Melodieverläufen, eindrucksvolle Beweglichkeit in den Koloraturen und eine staunenswerte Kontrolle der dynamischen Abstufungen.

Bartolis Auftritt in der Philharmonie mit der Cellistin Sol Gabetta ist Teil einer Tournee, anlässlich einer gemeinsamen Veröffentlichung mit barocker und früh-klassischer Musik. Die begleitende Capella Gabetta ist zudem mit einigen orchestralen Zwischenspielen zu erleben. Flankierend zum Projekt erscheint eine Fotoserie, für deren Beschreibung man auf zu Recht aus der Mode gekommene Vokabeln wie „neckisch“ oder „allerliebst“ zurückgreifen müsste. Sie zeigt Sängerin und Cellistin im Partnerlook, unterm Sonnenschirmchen vor idyllischer Fototapete. Gerade Gabetta ist eine zu ernsthafte Musikerin, als dass sie die Betonung des mädchenhaft Netten nötig hätte.

Musikalisch zeigt sich dieser fragwürdige Aspekt in der Philharmonie nur in einem Cellokonzert von Boccherini, das abgesehen von einem ausdrucksstarken langsamen Satz harmlos wirkt. Zudem fällt hier auf, dass Gabetta im Unterschied zu dem von ihrem Bruder Andrés geleiteten Ensemble nicht wirklich historisch artikuliert, trotz barocker Bogenhaltung und Verzichts auf den Stachel, der üblicherweise das Instrument auf dem Boden befestigt. Sonst aber ist das Konzert, besonders das instrumental-vokale Zusammenspiel der Künstlerinnen beglückend. Und Bartoli beweist einmal mehr ihr Gespür für vergessene Meisterwerke: Die Arien von Caldara, Albinoni und Gabrielli sind allesamt spannende Wiederentdeckungen. Dramaturgisch klug endet der erste Teil nach einer Reise durch heitere und tragische Affektwelten mit Händels Arie „What passion cannot Music raise“. Beim Publikum in der trotz hoher Eintrittspreise ausverkauften Philharmonie ruft der Auftritt leidenschaftliche Begeisterung hervor.

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