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CHRISTIAN PETZOLDS„Yella“: Flucht in den kühlen Westen

Yella (Nina Hoss, Foto) will weg. Ihr Mann Ben (Hinnerk Schönemann) steht mit seiner Heizungstechnikfirma in Wittenberge kurz vor der Pleite, und sie hat einen neuen Job als Buchhalterin in Hannover gefunden.

Yella (Nina Hoss, Foto) will weg. Ihr Mann Ben (Hinnerk Schönemann) steht mit seiner Heizungstechnikfirma in Wittenberge kurz vor der Pleite, und sie hat einen neuen Job als Buchhalterin in Hannover gefunden. All seinen Versuchen, sie zum Bleiben zu zwingen, entkommt sie und muss doch, angekommen im glatten, kühlen Westen, feststellen, dass auch die neue Firma pleite ist. Da taucht aus dem Nichts – ihr privater weißer Ritter – Philipp (Devid Striesow) auf: Er ist der coole Emissär einer Private-Equity-Firma, die sich mit viel Geld und wenig Gewissen in marode Firmen einkauft, um wiederum deren Selbstständigkeit zu ruinieren.

Eine kalte, klare Welt des eisern funktionierenden Kapitalismus entwirft „Yella“, Christian Petzolds vierter Kinofilm, und er tut dies mit sehr überschaubarem, sehr präzis funktionierendem Personal. Yella wird Philipps Assistentin bei den smarten Verhandlungen mit austauschbaren Übernahmeopfern, sie wird seine Komplizin, und sie wird, um sich endgültig von Ben zu befreien, seine Geliebte. Nur wartet auf sie auch in der Welt der Designer-Aparthotels und der geräuschlos dahingleitenden Leasing-Audis nicht das Paradies: Ein paar feine Schachzüge, ein paar Unvorsichtigkeiten weiter, und sie macht sich selber auf fatale Weise schuldig.

„Yella“ ist insofern ein typischer Petzold-Film, als er in ebenso sparsam wie wirkungsvoll komponierten Bildern und mit äußerst ökonomisch gesetzten Dialogen ein Segment unserer bundesdeutsche Gegenwart abbildet, überhöht und schleichend aushöhlt. Und der Film ist insofern für den großen Verrätseler Petzold untypisch, als er einen einzigen kapitalen dramaturgischen Widerhaken bereit hält, den man schlecht schildern kann, ohne dem Zuschauer eine gewisse Dauerspannung zu nehmen. Andererseits sorgt der Regisseur mit wiederkehrenden Motiven und Zeichen – ein bisschen penetrant – selber dafür, dass sein Publikum auf den Trichter kommt. Der Schluss ist überdeutlich, in der Bildfindung fast grob geraten, und so führt „Yella“ nicht ins unerhört Offene, sondern ist sich selbst merkwürdig genug. So faszinierend diese 89 Minuten in vielen Details geraten sind, so anrührend, so aufblitzend komisch auch: Das Ganze ist weniger als die Summe seiner Teile. Zwiespältig. Jan Schulz-Ojala

„Yella“, D 2006, 89 Min., R: Christian Petzold,

D: Nina Hoss, Hinnerk Schönemann, Devid Striesow, Burghart Klaußner

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