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City Lights: Als Buddha katholisch wurde

Gerade wurde das 70. Filmfestival von Venedig eröffnet.

Gerade wurde das 70. Filmfestival von Venedig eröffnet. Mit dabei ist – außer Konkurrenz – der Regisseur Kim Ki-duk, der letztes Jahr den Goldenen Löwen heimtrug. Seine „Pieta“ lag nicht nur mit dem Titel voll im religiös geprägten Trend des Wettbewerbs, auch wenn der Mann selbst kein Trendgänger ist. Seit den Anfängen kreist das Schaffen des katholisch erzogenen Koreaners um Fragen von Erlösung und Spiritualität.

Nach einer Filmreihe im New Yorker MoMA wird Ki-duk nun auch im Arsenal mit einer Retrospektive vorgestellt. Der Eröffnungsfilm Frühling, Sommer, Herbst, Winter ... und Frühling (2003, am Sonntag mit Einführung) wirkt beispielhaft mit der für seine Filme typischen Koallianz von überwältigender visueller Schönheit und Gewalt. Crocodile, Ki-duks Debüt von 1996 (Montag), ist zwar viel roher inszeniert, zeigt aber schon deutlich, wohin die filmische Reise geht. Ein unter einer Brücke lebender junger Obdachloser bestreitet seinen Lebensunterhalt aus den Geldbeuteln herunterspringender Selbstmörder. Doch einmal rettet er eine junge Frau, die dafür mit nicht nur einer Vergewaltigung bezahlen muss. Auch sonst regiert diesen Film eine Aggressivität, die auf die vom Krieg brutalisierte Gesellschaft verweist, der ihr Schöpfer entstammt. Wenn am Ende das Bild der toten Frau im glitzernden Wasser romantisch mit dem des Täters verschmilzt, ist das einfach nur Männer-Kitsch.

„Nach diesem Film wurde auch Buddha katholisch“, heißt es im Trailer zu Wenzel Storchs Debütfilm Der Glanz dieser Tage. Storch ist ein Jahr jünger als Ki-duk, kommt aus Braunschweig, auch sein Leben wurde vom Katholizismus bestimmt. Aber Storchs Verhältnis zur Kirche kommt bei aller Leidenschaft ganz ohne Schwulst aus. Und während Ki-duk fast jährlich einen neuen Film herausbringt, kann eine Produktion bei Storch schon mal zwölf Jahre dauern. So beinhaltet das Gesamtwerk des von Filmkritik und Fans verehrten, an der Kasse höchst erfolglosen Künstlers erst drei lange Filme im selbst gebastelten Super-8-Look. „Der Glanz dieser Tage“ (1989) bereichert mit seiner anarchischen Story um ein paar Ministranten und einen mit dem Zölibat ringenden Priesterschüler am Samstag die Zurück-auf-Anfang-Reihe des Lichtblick-Kinos. Die rare Vorstellung sei allen Liebhabern wirklich unabhängiger Filmkultur ans Herz gelegt.

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