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Kultur: City Lights: "Der Weg ins Freie" und weitere Filme

Wenn es darum geht, den Geburts- oder Todestag einer Filmlegende zu feiern, zeigen Kinobetreiber meist wenig Experimentierfreude. Sie zeigen, was als Höhepunkt der jeweiligen Karriere gilt.

Wenn es darum geht, den Geburts- oder Todestag einer Filmlegende zu feiern, zeigen Kinobetreiber meist wenig Experimentierfreude. Sie zeigen, was als Höhepunkt der jeweiligen Karriere gilt. Um so erfreulicher die Überraschung, mit der das Filmmuseum Potsdam zum 20. Todestag von Zarah Leander aufwartet. Die am 23. Juni 1981 Gestorbene wird nicht mit "Zu neuen Ufern" oder "La Habanera" geehrt, sondern mit Rolf Hansens selten gezeigtem Melodram Der Weg ins Freie (1941). Die Fachliteratur hat dieses Werk bislang ignoriert - eher verwunderlich, denn es ist ein explizit politischer Film: Die Opernsängerin Antonia Corvelli heiratet 1848 einen mecklenburgischen Gutsbesitzer, doch die Ehe zerbricht daran, dass sie ihren Beruf nicht aufgeben will. Während er sich mit kommunistischen Agitatoren herumschlägt, gerät sie in die Hände eines polnischen Erpressers. Antonia wählt den Freitod und wird als Gutsherrin durch eine gebärfreudige Muster-Arierin ersetzt. Wie in den meisten Leander-Filmen wird die Propaganda dadurch unterwandert, dass die Sünderin dem Publikum als Identifikationsfigur dient. Der Film ist auch etwas für Opernliebhaber - auch wenn Zarah Leander mit ihrem Kontraalt nicht gerade über die Tonlage verfügt, die Rossini vorgesehen hatte (Donnerstag, Sonnabend und Sonntag).

Zwischen dem gepflegten UFA-Melodram und Roberto Rossellinis neorealistischem Klassiker Rom, offene Stadt (1945) müssten eigentlich Welten liegen. Teilweise im Untergrund gedreht, wirkte dieses Widerstandsdrama damals so unmittelbar und wahrhaftig wie heute die Dogma-Arbeiten. In politischer Hinsicht ist der Film verblüffend gefällig geraten. Es wird nicht einmal angedeutet, dass Italien und Nazi-Deutschland Verbündete waren. Die Besetzung Roms durch die Deutschen erscheint als Naturereignis, italienische Kollaborateure gibt es nicht - wohl aber Kollaborateurinnen. Rossellini erklärt unverhohlen, dass Frauen wegen ihrer Lust auf Pelzmäntel und Morphium eine Gefahr für den Widerstand darstellen. Als femme fatale fungiert die lesbische Gestapofrau Ingrid (Giovanna Galletti), eine Figur wie aus einem Konsalik-Roman (Sonnabend und Sonntag im Lichtblick).

Zur lesbischen Ingrid gesellt sich bei Rossellini der schwule Major Bergmann. Kurioserweise war es dann ausgerechnet Ingrid Bergman, die sich in den Regisseur verliebte. Ihre erste Zusammenarbeit, Stromboli (1949), galt zunächst als künstlerisches Fiasko. Rossellini-Anhänger sahen ihr Idol durch die Liaison mit einem Hollywoodstar korrumpiert, während die Bergman-Fans argwöhnten, ihr Liebling hätte sich in die Hände eines Dilettanten begeben. Inzwischen ist es völlig normal, dass große Stars vor die verwackelte Kamera eines Underground-Filmers treten. Die Geschichte einer überheblichen Frau, die einen armen Fischer heiratet, um ihr Flüchtlingslager verlassen zu können, hat Rossellini im besten Sinne realistisch inszeniert (Donnerstag und Sonnabend im Lichtblick).

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