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CITY Lights: Hexen im Nebel

Das Poster präsentiert die gefesselte Matrone in den plakativen Farben der Filmmalerei. Doch der Film selber ist ganz in Schwarz-Weiß gehalten.

Das Poster präsentiert die gefesselte Matrone in den plakativen Farben der Filmmalerei. Doch der Film selber ist ganz in Schwarz-Weiß gehalten. Dafür schwelgt er in neoexpressionistischen Lichteffekten, tiefenscharf gestaffelten Raumkompositionen und langen Kamerafahrten. Die Stunde, wenn Dracula kommt (1960) gilt als erste Regiearbeit des Malers und Kameramannes Mario Bava, der auch hier die Bildgestaltung übernimmt. Der stilistische Überschwang des romantisierenden Zombie-Films (nach einer GogolVorlage) machte den Mittvierziger schlagartig berühmt und ließ ihn zum viel zitierten Paten italienischen Horrors mit weltweiter Fangemeinde avancieren. Hauptzutaten von „La Masquera del Demonio“, so der Originaltitel, sind eine von ihrem Bruder als Hexe hingerichtete Fürstentochter, ihre späte Rache, ein Schloss, Nebelschwaden und zwei Ärzte, die das Schicksal in die adlige Fehde treibt. Die auf den deutschen Markt gemünzten Dracula-Anspielungen allerdings fehlen in der OmU-Version, die die Tilsiter Lichtspiele diese Woche (bis auf Sonntag) im Spätprogramm zeigen. Neben Bava selbst machte damals die britische Darstellerin Barbara Steele Furore, konträr zum Filmplakat eine eher fragile Figur.

In die Obhut eines anderen italienischen Populärgenres begab sich Volker Schlöndorff (der Steele übrigens in seinem „Törless“ als Prostituierte besetzt hatte) 1969 mit einer urdeutschen Literaturverfilmung: Michael Kohlhaas (Sonntagsmatinee im Filmkunst 66) ist eine Art Italo-Western, neben David Warner und Anna Karina spielen Anita Pallenberg und Keith Richards mit. Dabei gilt Schlöndorff mit Assistenzen bei Malle, Melville und Resnais als personifizierte Verkörperung deutsch-französischer Filmfreundschaft der Nachkriegszeit!

Heute hat sich der Filmkosmos zur ganzen Welt geöffnet. Ganz vorne dabei der asia-phile Pariser Regisseur Olivier Assayas, der wie seine Nouvelle-Vague-Vorgänger für die „Cahiers du Cinéma“ schrieb, bevor er 1986 mit Désordre (Sonnabend im Arsenal) ins Filmemachen einstieg. Sein Debüt erzählt elliptisch das Drama einer Gruppe Jugendlicher auf ihrer vergeblichen Suche nach einem eigenen Weg. Derzeit würdigt das Arsenal in einer Retro das Werk des 56-Jährigen. Bei aller thematischen und formalen Vielfalt richtet er seinen Blick stets – präzis und atmosphärisch dicht – auf die Lebensrealitäten in einer zunehmend von Geschäftsbeziehungen gesteuerten Welt.

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