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CITY Lights: Kampfplatz Kino

Auf dem Filmbuchmarkt besteht derselbe kommerzielle Druck wie beim Film. Marlene, Hilde, Romy – so etwas läuft immer.

Auf dem Filmbuchmarkt besteht derselbe kommerzielle Druck wie beim Film. Marlene, Hilde, Romy – so etwas läuft immer. Die NS-Zeit verkauft sich ebenfalls gut. Aber der Erste Weltkrieg und seine Präsenz im deutschen Kino zwischen 1914 und 1929? Abgesehen von Erich Maria Remarques 1929 erschienenem Roman „Im Westen nichts Neues“ und dessen Leinwandversion war der Erste Weltkrieg für die Filmschöpfer der Weimarer Republik kein Thema, für die Filmhistoriker somit auch nicht. Philipp Stiasny hat sich nicht beirren lassen und eine Vielzahl von Werken gesichtet („Das Kino und der Krieg. Deutschland 1914–1929“; Edition text + kritik; 443 S., 38 €). Kennern der Berliner Kinoszene ist Stiasny aus einem anderen Zusammenhang ein Begriff: Er organisiert die Reihe schräger Filme im Babylon Mitte. Ergänzend zur Buchvorstellung am Donnerstag im Zeughauskino werden zwei Stummfilme gezeigt: Der spätere Marika-Rökk-Regisseur und -Ehemann Georg Jacoby vertrat bereits 1917 mit Unsühnbar die These von der Dolchstoßlegende, der Dokumentarfilm Stürmische Tage in Berlin (1919) schürt Ängste vor dem Bolschewismus.

Der Erste Weltkrieg war ein Männerkrieg; keine Frau hatte die Gelegenheit, als Vermittlerin aktiv zu werden. Doch in den Friedensjahren besann man sich auf Luise von Preußen. Wolfgang Liebeneiners Königin Luise (1957) war das vorerst letzte Leinwandporträt dieser Frau; analog zu den Sissi-Revivals hat es kein Luisen-Revival gegeben. Ruth Leuwerik verkörpert, wie so oft, eine starke, tapfere Frau, die anstelle ihres Ehemannes mit Napoleon verhandelt (Fr, Filmmuseum Potsdam). Seinerzeit als biederes Opa-Kino gescholten, mit zarten Agfacolor-Pastelltönen und Menschen von penetrantem Edelmut, beeindruckt der Film heute als Plädoyer für mehr weibliche Präsenz in der Politik. Auf die Tagespolitik hatten solche Filme keinen Einfluss.

Kriege bringen nicht nur Nationen, sondern auch Geschlechter gegeneinander auf. Das US-Kino war nach 1945 voll von hinterhältigen, destruktiven Frauen: zweifellos eine Folge der kriegsbedingten Trennungen, so etwas erzeugt Misstrauen. Orson Welles’ Die Lady von Shanghai (1948) wirkt wie ein zynisches Abschiedsgeschenk an seine Noch-Ehefrau Rita Hayworth, deren volle rote Mähne einer blonden Kurzhaarfrisur weichen musste (Fr und Sa, Filmkunst 66). Ein Höhepunkt ist die viel zitierte und imitierte Schießerei in einem Raum voller Spiegel, bei der die Heldin ihren Tod findet.

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