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Kultur: City Lights: "Where the Boys Are" und weitere Filme

Schon seit Wochen dürfen wir Berliner einen herrlichen Sommer genießen - Grund genug, über ein ausgestorbenes Genre nachzudenken: den Strand-Film. Dabei darf man nicht an künstlerisch wertvolle Arbeiten wie den von Billy Wilder mitkonzipierten "Menschen am Sonntag" oder an Eric Rohmers "Pauline am Strand" denken.

Schon seit Wochen dürfen wir Berliner einen herrlichen Sommer genießen - Grund genug, über ein ausgestorbenes Genre nachzudenken: den Strand-Film. Dabei darf man nicht an künstlerisch wertvolle Arbeiten wie den von Billy Wilder mitkonzipierten "Menschen am Sonntag" oder an Eric Rohmers "Pauline am Strand" denken. "Beach pictures" waren ein Serienprodukt der frühen sechziger Jahre und verdankten ihr abruptes Ende der sexuellen Revolution. Der Anblick knackiger Teenie-Idole in Badekleidung verlor seinen Reiz, sobald eine gelockerte Zensur mehr sexuelle Direktheit zuließ. Doch als kulturelles Phänomen sind diese Werke äußerst interessant: Sie haben noch ein wenig von der Spießigkeit der fünfziger Jahre und deuten gleichzeitig die kommenden Umwälzungen an.

Den vielleicht besten der amerikanischen "beach pictures" zeigt das Central am Montag: Where the Boys Are (1960), der leider unter dem etwas ungelenken deutschen Titel Dazu gehören zwei angekündigt wird. Schlager-Ikone Connie Francis, die auch den Titelsong interpretiert, spielt eine von vier Freundinnen aus dem Mittleren Westen, die ihren Urlaub in Fort Lauderdale im Staat Florida verbringen. Ein riskantes Unterfangen, denn Fort Lauderdale hatte damals denselben Ruf wie bei uns heute der Ballermann. Henry Levins Film ist insofern konservativ, als seine vier Protagonistinnen trotz ihrer exzellenten schulischen Leistungen die Rolle der Ehe- und Hausfrau anstreben. Und er ist für damalige Verhältnisse progressiv, da er sexuelle Erfahrungen vor der Ehe propagiert. Die Spaßgesellschaft ist auch der Gegenstand von Jean Renoirs Die Spielregel (1939). Allerdings hat dieser Film kein wohlwollendes, tolerant lächelndes Publikum nötig. Renoir ist ein weltweit anerkannter Klassiker gelungen, der - ungewöhnlich für ein Meisterwerk - ganz locker und unangestrengt daherkommt. In dieser Farce, die sich zur Tragödie entwickelt, trifft sich die feine Gesellschaft am Wochenende zur Jagd. Bei den Herrschaften gibt es amouröse Verwicklungen, genauso bei den Dienstboten. Am Ende will ein betrogener Ehemann seinen Rivalen erschießen und trifft den Falschen. Eine nur scheinbar absurde Situation, denn Täter und Opfer sind die einzigen Menschen in dem Film, die noch zu ernsthaften Gefühlen fähig sind. Renoirs subtile Kritik an einer genusssüchtigen, ignoranten Gesellschaft wurde 1939 sehr gut verstanden. Das französische Publikum hasste ihn, und die Vichy-Regierung setzte ihn bald auf ihre Verbotsliste. (Freitag im FT Friedrichshain, Sonntag im Delphi, Montag im Thalia Babelsberg.) Für Gesellschaftskritik steht auch der Name von Wolfgang Staudte, neben dessen offen politischen Arbeiten wie "Die Mörder sind unter uns", "Der Untertan" und "Rosen für den Staatsanwalt" leider ein Werk in Vergessenheit geraten ist, das im Gewand des melodramatischen Kostümfilms zum Nachdenken anregt: Schicksal aus zweiter Hand (1949), die Geschichte eines abergläubischen Mannes (Wilhelm Borchert), der einem Hellseher verfällt und unter dessen Einfluss seine vermeintlich untreue Ehefrau (Marianne Hoppe) erwürgt. Eine eindringliche Warnung vor falschen Propheten, inhaltlich wie formal herausragend. Der Komponist Wolfgang Zeller setzte elektronische Musik ein, um die Wahnvorstellungen des Protagonisten zu verdeutlichen.

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