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Kultur: Claus Peymann: Wiener Traum

Früher, als das Drohen noch geholfen hat, gingen bei einer solchen Meldung überall die Alarmanlagen los. Es hätte der Untergang des Abendlands gedräut, ein kulturpolitischer Krisenstab hätte sich gebildet und eine Sondersitzung die nächste gejagt: Claus Peymann denkt über seinen vorzeitigen Abschied vom Berliner Ensemble nach, Claus Peymann zieht es zurück nach Wien!

Früher, als das Drohen noch geholfen hat, gingen bei einer solchen Meldung überall die Alarmanlagen los. Es hätte der Untergang des Abendlands gedräut, ein kulturpolitischer Krisenstab hätte sich gebildet und eine Sondersitzung die nächste gejagt: Claus Peymann denkt über seinen vorzeitigen Abschied vom Berliner Ensemble nach, Claus Peymann zieht es zurück nach Wien!

Es ist mehr als ein Gerücht: In einem Interview mit dem österreichischen Magazin "News" - geschickt lanciert zum Spielzeitbeginn - denkt der BE-Chef und frühere Burgtheaterdirektor über seine Zukunft nach. Die Intendanz des Theaters in der Josefstadt wird 2003 frei, zu diesem Zeitpunkt könnte Peymann sich vom Berliner Ensemble frei machen. Für Peymann ist es vielleicht auch mehr als ein Traum: raus aus dem garstigen Berlin, rein ins Wiener Vergnügen, wo man ihn "permanent darauf anspricht, dass ich zurückkommen soll".

Intendanten wollen geliebt werden. Und Liebe lässt sich nun mal aufs Schönste in Zahlen ausdrücken - in Schilling, Mark und Euro. Zwar wurde das BE nach Peymanns Wünschen prächtig ausgebaut und verfügt vergleichsweise über die kräftigsten Zuschüsse aller Berliner Schauspielbühnen. Doch dem "Reißzahn im Regierungsviertel" (CP über CP) schmeckt das Klima nicht: "Berlin steht vor Neuwahlen, und wir alle sind uns nicht mehr sicher, wie weit man hier noch planen kann. Wenn die Subventionen nochmals eingefroren werden, ist es sinnlos, weiterzuarbeiten."

Die Berliner Situation ist kompliziert und unsicher, aber nach einer langen Phase selbstgefälligen Leerlaufs auch wieder offen - politisch und kulturell. Und jetzt, wo es spannend wird und dem BE am Deutschen Theater und am Gorki Theater neue, belebende Konkurrenz erwächst, will Peymann kneifen. Weil er in dieser Stadt nie wirklich angekommen ist? Weil der künstlerische Erfolg ausbleibt? Gewiss wird er Kulturverfall anprangern, wenn nicht sofort alles unternommen wird, um ihn zu halten. Doch diese Rhetorik verfängt nicht mehr. Man weiß ja: Haifische, die bellen, beißen nicht.

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