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Coen-Remake: Das Haus des fliegenden Teiges

Mit dem Coen-Remake „A Woman, a Gun and a Noodle Shop“ bringt Zhang Yimou gute Laune in den Wettbewerb.

Boooom! Und schon ist ein Loch in der Landschaft. Da staunt das Publikum der Produktpräsentation. Heute neu im Angebot des persischen Händlers: Feuerwaffen. Die Hausherrin (Yan Ni) entscheidet sich dann aber doch für eine praktische Pistole – die Kanone ist etwas unhandlich. Sie will sich ja nur gegen ihren gewalttätigen Mann, den Nudelrestaurantbesitzer Wang(Ni Dahong), wappnen.

Als der später erfährt, dass sie mit dem Kellner Li (Xiao Shenyang) ein Verhältnis hat, setzt er einen Killer auf die beiden an. Allerdings weicht dieser bald eklatant von seinem Auftrag ab – und Wang liegt tot unter der Erde.

Das Handlungsgerüst hat sich Zhang Yimou bei „Blood Simple“ geborgt, dem Debütfim der Coen-Brüder aus dem Jahr 1984. Er sah ihn zum ersten Mal beim Filmfest in Cannes – ohne ein Wort zu verstehen. Aus den Bildern reimte er sich den Sinn des Thrillers zusammen, später schaute er sich dann eine chinesisch untertitelte Version an. Für sein Remake verlegt Zhang Yimou die Geschichte von Texas ins Nordchina der Kaiserzeit und inszeniert sie in der Tradition des farcehaften chinesischen Neujahrsfilms noch einmal neu. Dabei greift er viele Motive der Vorlage auf und variiert sie auf witzige, liebevolle Weise. So findet das nächtliche Begräbnis des Ehemanns diesmal nicht auf einem Feld statt, sondern in dem Krater, den die Kanonenkugel gerissen hat. Der Killer trägt Helm statt Cowboyhut. Und auch ein Tresor spielt wieder eine wichtige Rolle.

Besonders gelungen ist Zhang Yimous Version des Finales. Bei den Coens schießt der Killer auf der Jagd nach der Ehefrau Löcher in die Wand und verursacht damit ein Lichtspiel im Nebenraum. Nun darf das Licht gleich zwei Mal effektvoll strahlen: einmal durch Löcher, die von Pfeilen geschlagen wurden und dann noch eimal durch Schlitze, die mit einem Schwert in die Wand gehauen wurden. Fast die gesamte Szene hindurch kreischt Yan Ni – Frances McDormand blieb im Original dagegen cool.

Zhang Yimou, der 1988 mit „Rotes Kornfeld“ den Goldenen Bären gewann, zeigt sich mit „A Woman, a Gun and a Noodle Shop“ von einer ungewöhnlich leichten Seite. Es wirkt, als habe der Regisseur monumentaler Epen wie „Hero“, „House of Flying Daggers“ oder „Der Fluch der goldenen Blume“ sich ein kleines Entspannungsprojekt gesucht. Etwas, das ihm Spaß macht und ausnahmsweise einmal nicht den Vorwurf einbringt, er inszeniere die totalitären Bilderträume des chinesischen Regimes. Wobei sein unverkennbarer farbenprächtiger Stil auch diese Komödie prägt. Immer wieder zeigt er Panoramen der rotbraunen Hügellandschaft Nordchinas, durch die er wie kleine Farbtupfer seine Figuren hüpfen lässt. Und wenn die Polizeitruppe mit ihren blauen Fahnen ins Bild reitet, sieht sie aus wie eine versprengte Armeeeinheit aus „Hero“.

Als komische Elemente reichen Zhang Yimou ein bisschen Stolper-Slapstick und ein ulkiges Nebenrollen-Pärchen. Er braucht nicht mal Musik, um „A Woman, a Gun and a Noodle Shop“ zu einem wunderbaren Gute-Laune-Film zu machen – von dem es im übrigen noch eine zweite, längere Version mit Extra-Späßen für ein chinesisches Publikum gibt.

Ethan und Joel Coen haben die West- Version bereits gesehen. Ihnen gefällt sie. Sicher ein gutes Zeichen zum Beginn des chinesischen Jahrs des Tigers.

Montag 9. 30 Uhr (Friedrichstadtpalast) und 22. 30 Uhr (Urania), 21.2., 12. 30 Uhr

(Berlinale Palast)

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