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Kultur: Computer-Musik: Konferenz und Festival in der Berliner Philharmonie

Seit 26 Jahren gibt es die Internationale Konferenz für Computer-Musik. In den Anfangsjahren noch ganz auf die USA und die entsprechenden Departments einiger wichtiger Universitäten ausgerichtet, ist das jährliche Treffen inzwischen wirklich international geworden.

Seit 26 Jahren gibt es die Internationale Konferenz für Computer-Musik. In den Anfangsjahren noch ganz auf die USA und die entsprechenden Departments einiger wichtiger Universitäten ausgerichtet, ist das jährliche Treffen inzwischen wirklich international geworden. Etwa vierhundert Wissenschaftler und Künstler sind nun nach Berlin gekommen. 140 Vorträge in einer Woche - und alle liegen schon jetzt in Buchform vor. 561 großformatige Seiten umfasst der voluminöse Katalog.

Die Themen beziehen sich auf die verschiedensten technischen Aspekte bei der Klanganalyse und -synthese. Vorgestellt werden auch verschiedene Computerwerkzeuge für Komponisten, vom virtuell-naiven Tonschöpfer bis hin zum Diskussionspartner im Komponistenteam. Überhaupt stellen die kreativen Aspekte und das Verhältnis des Körpers zur virtuellen Welt einen gewissen Schwerpunkt in der Konferenz dar.

Auch die Computermusik hat schon ihre Geschichte, eine technische ebenso wie eine soziale, und an beides konnte das Eröffnungskonzert des angeschlossenen Festivals erinnern. Das Foyer der Philharmonie war schon einmal in den siebziger Jahren Schauplatz einer Aufführung von John Cages Komposition "HPSCHD" gewesen, die jetzt eine neue Realisierung fand. . Der Titel "HPSCHD" ist eine rein konsonantische Umschreibung von "Harpsichord". Cage hat für das Stück computergestützte Analysen klassischer Musik gemacht und kompositorisch umgesetzt. In Berlin ist jetzt eine Maximalversion des Werkes zu hören. Sieben Cembalos werden im Musikinstrumentenmuseum unabhängig voneinander gespielt, das Notenmaterial reicht von einer Mozartsonate im Original über verfremdete Collagen bis hin zu ganz abstrahierten Partituren mit einzelenen Tönen. Und so etwas hört man auch von den zahllosen Tonbandgeräten, die im Philharmoniefoyer laufen und punktuelle Klänge im Synthesizer-Sound der siebziger Jahre von sich geben. Die Cembaloklänge werden mit Mikrophonen in das Foyer des Kammermusiksaales übertragen, und so erschließt sich umherspazierend den zahlreichen Besuchern ein klingender Raum.

Dies leider nur einmalige Konzert bildete den Auftakt für eine ganze Reihe weiterer Veranstaltungen, an Spielorten wie der Akademie der Künste, der St. Matthäus-Kirche oder dem Podewil. In der Singuhr-Hörgalerie in der Parochialkirche lädt dagegen seit Sonntag eine Klanginstallation für die ganze Woche zum Besuch ein: David Tudors "Rainforest" in einer Version, die Teilnehmer eines Workshops unter der Leitung von Ron Kuivila erdacht haben. "Finde ein Objekt und komponiere Klänge für dieses Objekt" lautet Tudors Minimalanweisung, und so bilden jetzt ein Stuhl, ein Badeofen, ein Fächer und ein Straßenschild Teile eines Ensembles, das mit Klängen in seinen Eigenresonanzen stimuliert wird - eine musikalische Interaktion der Objekte, die mit ihrer sozialen Komponente auch etwas ganz Rührendes hat.

Martin Wilkening

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