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Daniel Barenboim und seine Staatskapelle Berlin.

© Monika Rittershaus

Daniel Barenboim tritt wieder auf: Was wäre die Rose ohne ihre Dornen?

Gemeinsam mit Cecilia Bartoli und der Staatskapelle Berlin gestaltet Daniel Barenboim ein Konzert zum Gedenken an den verstorbenen Staatsopern-Intendanten Jürgen Flimm.

Ein vorfreudiges Summen und Brummen erfüllt die ausverkaufte Berliner Philharmonie am Sonntagsvormittag - denn Daniel Barenboim wird bei dieser Matinee seine Staatskapelle leiten. Es ist der dritte Auftritt des Dirigenten seit seiner krankheitsbedingten Zwangspause, und die Stimmung im Saal ist deshalb so heiter, weil das Bangen um Barenboim der Erleichterung gewichen, weil aus der „Es könnte sein letztes Konzert sein“-Angst die Freude über seine Renaissance geworden ist.

Wie eine Wiedergeburt erscheint die Genesung des Maestros in der Tat, nach den langen, schlimmsten Monaten seines 80-jährigen Lebens. Doch leider muss dafür an diesem Morgen eines anderen Künstlers gedacht werden, dem weniger Glück vergönnt war: Jürgen Flimm, der am 4. Februar gestorben ist.

Als „lustigen Mann“ erinnert Barenboim seinen Staatsopern-Intendanten von 2010 bis 2018, als einen Freund, mit dem man viel lachen konnte. Und weil er Mozarts Opern so sehr liebte, singt Cecilia Bartoli statt der angekündigten „Nuits d’été“ von Berlioz nun Arien des Wiener Klassikers: „Ch’io mi scordi di te“ sowie Sestos „Parto, parto“ aus “La Clemenza di Tito“.

Standing Ovations für Cecilia Bartoli

Beide Stücke werden der Mezzosopranistin natürlich zu packenden Musiktheaterszenen, bei denen sie erst mit Barenboim am Flügel dialogisiert und später dann mit der Solo-Klarinette von Matthias Glander. Raumgreifend ist Bartolis Persönlichkeit, seit über 30 Jahren schon schlägt sie als Meisterin der akustischen Mimik das Publikum in ihren Bann.

Innerhalb eines Taktes vermag sie aus zartester Melancholie in pathetisches Wüten zu verfallen, von der willensstarken Heldin zum Häufchen Elend zu werden. Und Koloratur ist bei ihr niemals Dekor, sondern stets Ausdruck des Außer-Sich-Seins. Dafür gibt es auch an diesem Sonntag stehende Ovationen.

Die Zugabe ist dann eine weitere Verbeugung vor Jürgen Flimm. Denn Cecilia Bartoli singt Händels berühmte „Lascia, ch‘io pianga“-Arie, aber in der frühen Fassung mit dem Text „Lass die Dornen, pflücke die Rose“, den der Komponist 1707 für sein erstes Oratorium „Il trionfo del tempo e del disinganno“ verwendet hat. Und diese Rarität wiederum brachte Flimm vor elf Jahren an der Berliner Staatsoper auf die Bühne.

Nach der Pause lässt Daniel Barenboim die Staatskapelle für Hector Berlioz‘ „Symphonie fantastique“ dann in Monsterbesetzung antreten. Denn er will beweisen – mit radikal ausgereizten langsamen Passagen ebenso wie mit grellen Klangfarben und opernhaften Effekten in der wild-bewegten Sätzen -, dass der Franzose zurecht als größter Revolutionär unter den romantischen Komponisten gilt.

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