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Schlussapplaus in der Philharmonie mit Regine Hangler (in rotem Kleid) als Daphne.

© Sarah Chloé Mikus

"Daphne" mit dem RSB in der Philharmonie: Schäferstunde mit verliebtem Gott

Regie, das mag er nicht. Deshalb greift Marek Janowski gerne zu konzertanten Aufführungen von Opern. Jetzt hat er mit dem Rundfunk-Sinfoniorchester Richard Strauss' "Daphne" aufgeführt, am Donnerstag folgt "Elektra".

Bukolisch geht es zu in der Philharmonie. Nachdem er mit dem konzertanten „Ring“ gute Erfahrungen gemacht hat, dirigiert Marek Janowski jetzt das Rundfunk-Sinfonieorchester mit zwei Strauss-Opern, die gegensätzlicher kaum sein könnten: die sich in ihre verzärteltes, selbstgenügsames Kunstwollen hineinschraubende „Daphne“ von 1938 und der revolutionäre, tonalitätsstürzende, genialische Wurf der „Elektra“ von 1909 (am heutigen Donnerstag, 20 Uhr). Pole eines Künstlerlebens, die sich aber in ihrer prägnanten Kürze von unter zwei Stunden berühren.

Unbestreitbarer Vorteil konzertanten Aufführens: Man hört nicht nur, wie Musik entsteht, man sieht es auch. Sieht, wie der Magier Strauss, auf die 80 zugehend, noch einmal die verführerischsten Klänge zusammengerührt hat. Erst nur Bläser, dann Alphorn, die Streicher imitieren stürmisches Wetter, bevor mit den Schäfern die menschliche Stimme einsetzt. Janowski setzt ein Tonmeer in Bewegung, präpariert jede Stimme fein heraus, alles ist ausgeglichen, nichts dominiert über Maßen. Für die Sänger fährt er die Dynamik zurück. Feuriger Mittelpunkt ist Regine Hangler als Daphne, die von zwei Männern begehrt wird: Jugendfreund Leukippos (Daniel Behle) und Apollo. Stefan Vinke singt den verliebten Gott mit introvertiertem, ziemlich textunverständlichem Tenor, erreicht allerdings in höheren Lagen eine unglaubliche Kernigkeit.

Zur finalen Verlorbeerbaumung Daphnes verschlingen, verknoten sich liegende Bläsertöne, während Hangler vom Rang, aus weiter Ferne, singt. Eine Frau wird ihrer Subjektivität beraubt, zum Objekt gemacht. Sexistisch? „Daphne“ bleibt exemplarisch für den schwierigen späten Strauss. Komponiert, als KZs aus dem Boden schossen und Synagogen brannten, kann die Süße der Musik nur schwer verdecken, dass sie skandalös ist.

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